Jahaaa - nicht nur die Japaner haben sowas - auch bei den Ostfriesen
kann man aus Tee einen Festakt machen. Während unseres Urlaubs letzte Woche in Ostfriesland habe ich
mich da ein wenig schlau gemacht und unter anderem auch in Norden das Tee- und Heimatmuseum
besucht.
Was mir nun schon vorher bekannt war: Die Ostfriesen trinken starken,
schwarzen Tee in einer speziellen, eben der Ostfriesenmischung. Sie nehmen dazu Kluntje-Kandis (große,
weiße Brocken) und Sahne.
Irgendwann sickerte dann auch mal zu mir durch, dass der Tee nicht umgerührt wird. Allerdings kam an
dieser Art bei mir nicht der rechte Geschmack auf - ich dachte immer, man müsse lange warten, bis sich
ohne Umrühren Tee, Zucker und Sahne zu einer Einheit mischen - weit
gefehlt! Das Vermischen dieser drei Komponenten ist eher die englische Trinkweise: Stark, süß, und die
Milch zuerst hinein, damit sich alles
mischt.
Das Wesentliche, was das ostfriesische Teetrinken von anderen Arten unterscheidet, will ich am Ende
dieses "Rezeptes" noch ausführlich beschreiben. Kommen wir ersteinmal zu den benötigten Geräten:
* Wasserkocher oder Teekessel (früher wurde in speziellen Schalen,
die auf Füßen direkt am Tisch standen, auf Glut das Wasser gekocht)
* eine Aufgusskanne aus Porzellan, dickbauchig mit eingebautem Sieb
* Sahne (echter Rahm, mindestens 30% Fett, keine Kaffee-Sahne oder so
was!!!)
* einen kleinen Teelöffel zum Abmessen des Tees und zum Auflegen der
Rahmwolke, besser dazu noch einen original Sahnelöffel (Rohmlepel).
Die wichtigsten Grundregeln sind nun:
* Es hantiert immer nur eine Person am Tisch, Hausherr oder Hausfrau!
* Es ist wesentlich unhöflicher, den Tee auf seine Gäste warten zu
lassen als die Gäste auf den Tee! Der Tee muss frisch zubereitet sein! Nun aber die eigentliche
Zubereitung:
Das Wasser wird erhitzt, bis es sprudelnd kocht! Als erstes wird nun die Aufgusskanne mit kochendem
Wasser vorgewärmt, damit kein Wärmeverlust eintritt. Ist dies geschehen, wird in die Kanne pro Tasse ein
(kleiner!) Teelöffel Tee gegeben - und einer dazu "für die
Kanne". [Je nach Geschmack und bei sehr weichem Wasser kann man jedoch auch mit der Hälfte
auskommen]. Die Teeblätter nun mit sprudelnd kochendem Wasser übergießen, bis sie gut bedeckt sind.
Die Kanne sollte also nicht mehr als halbvoll sein! Auf dem Stövchen 5 min. ziehen lassen. Danach die
Kanne mit kochendem Wasser vollfüllen.
Nun kann man so servieren oder durch ein Sieb in eine zweite (ebenfalls vorgewärmte!) Kanne abseihen.
Die Kanne wiederum auf das Stövchen stellen. Zum Servieren wird nun jede Tasse mit einem Stück Kluntje
versehen (oder zwei kleinere). Hausherr/Hausfrau füllen jetzt zuerst ihre eigene Tasse. Dies mag unhöflich
erscheinen, dient aber dem Zweck, dass eventuell in der Kannentülle verhandene Blätter in die eigene
Tasse gelangen und nicht in die der Gäste. Die Tassen werden nur halbvoll geschenkt! Sind alle Tassen
gefüllt, wird obenauf mit dem Löffel ein Rahmwölkchen gelegt. Nicht umrühren! Es schickt sich nicht, eher
zur Tasse zu greifen, als bis der Hausherr/ die Hausfrau die eigene Tasse berührt und damit zum Trinken
auffordert.
Und jetzt kommt das, was den Geschmack beim Trinken ausmacht, also nicht etwa das Mischen der
Zutaten, sondern eine Art "schichtweiser" Genuss: Eine solche Tasse Tee wird nach etwas Abkühlung in
drei
Schlucken zügig ausgetrunken, wobei sich auch drei verschiedene Stofflichkeiten zeigen:
* Der erste Schluck ist der weiche, cremige Rahm
* Der zweite Schluck ist der herbe, würzige Tee
* Der dritte Schluck ist die Süße des Kluntje.
In dieser Methode liegt der feine Unterschied: Es soll sich nichts
mischen, sondern alles tritt nacheinander "in Reinkultur" auf! Wenn man das verstanden hat, lernt man,
den Geschmack zu schätzen und denkt nicht mehr, dass da irgendwas schiefgegangen ist. ;) Nach der
dritten Tasse kann sich der Gast bedanken und ein Nachschenken ablehnen, indem er den Löffel schräg in
die Tasse stellt. Drei Tassen jedoch gehören dazu. Der Volksmund sagt: "Dree Tassen is
Ostfreesenrecht!" Allerdings darf auch gern eine vierte (und mehr) Tassen getrunken werden... Wenn man
dazu bedenkt, dass traditionell bis zu sechs Teepausen am Tag gemacht wurden, in der pro Kopf 3 Tassen
getrunken wurden, so kommt man auf 18 Tassen Tee pro Tag und Nase! Das erklärt wohl auch, warum die
Ostfriesen im Teeverbrauch mit 3kg pro Kopf und Jahr ein Zehnfaches des bundesdeutschen Durchschnitts
verkonsumieren.