Für
1
Info
Die eigentliche Mahlzeit beginnt und endet mit dem Reis und seinen Beilagen. Alles andere gilt als
»außerhalb der Mahlzeiten« - in
Thailand arharn wang genannt. Für die Thailänder ist jedoch ein Leben ohne Imbiss ebenso unvorstellbar
wie eine Mahlzeit ohne Reis.
Im Verlauf des Tages stillen diverse Gerichte den Hunger. Im Gegensatz zu den meisten traditionellen
Speisen bereitet man Imbisse selten zu Hause zu, sondern kauft sie meist auf dem nächsten Markt oder
beim Straßenhändler.
Vordem 19. Jahrhundert wurde das Essen in der Regel in den Haushalten zubereitet, allerdings manchmal
woanders gegessen, auf dem Reisfeld oder auf Reisen. Aber wo immer Thailänder zusammenkommen, gibt
es etwas zu essen. In den größeren Städten machten unternehmungslustige Frauen Marktstände auf und
boten Wanderarbeitern Imbisse an - die Speisen waren bisweilen recht
bäürlich, etwa miang (in »Betel«- oder andere Blätter eingerollte
Leckereien). In den Teilen von Bangkok, in denen sich Regierungsbeamte aufhielten, wurden die Stände
von Palastdamen betrieben, so dass die Speisen zwangsläufig raffiniert und sogar komplex waren.
Später, als mehr Menschen in die Städte zogen, stieg die Nachfrage, konzentrierte sich aber immer noch
hauptsächlich um die Märkte.
Durch den Einfluss chinesischer Einwanderer gelangte eine Reihe von neuen Gerichten in die Marktstände
der Thailänder; immer noch sind die meisten Imbisse und street food chinesischen Ursprungs - nur
wenige wie z. B. grüner Papaya-Salat (som tham), sind echt
thailändisch. Die Händler verließen bald die Märkte und suchten anderswo nach Kunden: an den Kanälen,
in den Straßen, in Booten; sie
trugen ihre Ware an Bambusstäben auf den Schultern und transportierten sie später auf Karren. Manchmal
sieht man sie einen Topf mit Glut tragen, ihr Markenzeichen. Curryshops tauchten in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts auf. Ursprünglich waren sie recht improvisiert, wurden im Schatten eines Baums
aufgebaut und boten eine oder zwei Spezialitäten an, heute bieten sie jedoch eine riesige Speisenauswahl:
Currys, Salate und Pfannengerührtes - vorher
zubereitet und bei Zimmertemperatur serviert - einfaches »Fast Food«,
das köstlich schmeckt und die Möglichkeit einer kompletten Mahlzeit bietet.
Tagein, taugaus scheinen die Thailänder ständig Süßigkeiten zu essen, diese gelten aber wie Imbisse als
»außerhalb der Mahlzeit«. Manche halten die Desserts für den Höhepunkt der Thai-Küche, deren
Zubereitungstechniken ebenso komplex sind wie bei herzhaften Speisen, wenn nicht komplexer. Es gibt
raffinierte Methoden zum Kochen und Klären von Sirups und zum Aromatisieren von Zucker. Bei der
Zubereitung von Süßspeisen folgt man nicht unbedingt exakten Rezepten, sie werden jedoch nach
traditionellen Methoden zubereitet -
und mit der Hingabe und Präzision eines Alchimisten.
Die Thailänder essen den ganzen Tag - offenbar ohne Unterbrechung.
Frühstück ist meist eine simple Sache: gedämpfte Banane oder Kürbis,
bestreut mit Kokosraspeln, Sesam, Salz und Zucker. Reisreste vom Vorabend werden in Wasser oder
Brühe zu Reissuppe erhitzt, dazu vielleicht pfannengerührter Fisch, ein Omelett oder ein Curry. Im
islamischen Süden isst man solche Currys mit roti. Auch wirklich köstliche tropische Früchte wie Ananas,
rote Papaya mit Limettensaft, Mangostane und Sternfrucht reicht man zum Frühstück. Die Mittagsmahlzeit
ist lange nicht so komplex wie die abendliche Hauptmahlzeit. Sie besteht vielleicht aus Nudeln,
pfannengerührt oder in einer Suppe, Thai-Nudeln mit aromatischer Sauce und einem
Teller Gemüse oder gebratenem oder gewürztem Reis mit einem Nahmprik-
Relish. Am Nachmittag und bis in den frühen Abend genießt man bis zum Abendessen süße Häppchen
und zart Pikantes, etwa Currypasteten, madtarbark oder Tapiokaklöße. Die Nachtmahlzeit besteht meist
aus einem Abstecher nach Chinatown, wo man eine Schüssel beruhigende Reissuppe oder Reisbrei zu
sich nimmt, dazu mehrere Platten mit scharf gewürzten Gerichten - oder aus weiteren Süßigkeiten.
HORS D'ÖUVRES UND SNACKS In den Palästen von Siam dienten Snacks als köstliche Ablenkungen,
mit denen man sich amüsierte und die Zeit vertrieb. Komplexe Speisen sollten nach der Hitze des Tages
den Gaumen stimulieren. Die meisten traditionellen thailändischen Hors d'CEuvres sind daher ziemlich
kompliziert, wie es den Fähigkeiten dieser exklusiven Köche entsprach. Solche Gerichte werden zwar
bisweilen vor einer Mahlzeit gereicht, gelten aber trotzdem nicht als deren Bestandteil. Meist verzehrte man
sie in der Mitte des Nachmittags oder bei aufkommendem Hungergefühl. Nach einigen der alten
Gedenkbücher waren solche Hors d'CEuvres erstaunlich gehaltvoll; in Anbetracht der leichten
Essgewohnheiten der Siamesen kann man daraus schließen, dass sie einige Zeit vor Beginn der
eigentlichen Mahlzeit gereicht wurden.
Meist servierte man die Hors d'CEuvres paarweise, ein feuchtes und ein trockenes. Das konnte etwa
gewürztes Hühnerhackfleisch sein, gefüllt mit Maiskölbchen, mit süßen Maiskörnern umhüllt und
gedämpft, Reisbrei mit geschnetzeltem Hühnerfleisch und Garnelen, gedämpfte Tapiokaklöße, gefüllt mit
Schweinehackfleisch-Relish oder sogar
pfannengerührte »Maccheroni« mit Erdnüssen und Frühlingszwiebeln.
Zweifelsohne köstlich, aber zur Eröffnung einer Mahlzeit viel zu schwer und ein krasser Gegensatz zur
Zartheit, durch die sich gute ThaiKüche sonst auszeichnet.
Vorspeisen, wie wir sie kennen, exisitieren in der traditionellen Thai-Küche nicht. Frühlingsrollen, Satay und
dergleichen sind nicht
echt thailändisch - sie gehören zu einer allgemein
südostasiastischen Küche, wie sie die Chinesen verbreitet haben.
Ihre Aufnahme ins Thai-Repertoire ist ein weiteres Beispiel dafür,
wie die Thailänder ausländische Einflüsse in ihre Küche aufnehmen.
Es gibt jedoch Gerichte, die sehr gut als Vorspeisen zu einem Thai-
Essen passen. Ein miang oder pürierter Fisch mit Früchten wäre ein wirklich schöner Anfang; ein Eiernetz
wirkt heute so erfreulich und tröstlich wie damals für König Rama II., der es in seinen Bootsliedern pries.