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Orangen und Mandarinen



Für 1 Rezept Mandarinen kündeten uns Kindern das Weihnachtsfest an. Auch die großen Navelorangen gab es nur dann. Die bunten Einwickelpapiere sammelte ich. Sie gaukelten ferne Welten vor. Als dann die Hippiebewegung auch mich in exotische Länder zog, aß ich im biblischen Tarsus reife Orangen vom Baum. Die Früchte waren saftig und süß, ohne die gewohnte Säure. Auch den Fisch zierten und würzten Orangenscheiben. Eine Zahnbrasse war geschuppt und gesalzen, im Bauch Lorbeer, Thymian und zwei Knoblauchzehen. Der Fisch auf Orangenscheiben gesetzt, mit Olivenöl begossen, ein paar Oliven dazu und mit Orangenscheiben bedeckt 30 Minuten im Ofen gegart. Römische Säulenreste als Hocker und ein korinthisches Kapitell als Tisch am Strand, noch kein Tourismus, nur gastfreundliche Menschen.

Orangensaft und Olivenöl geben eine zarte, leichte Emulsion zu Fischgerichten. Ein Loup de mer, in der Folie oder im Salz gegart, braucht außer etwas Pfeffer nichts mehr. Es gibt Olivenöle, die mit Orangen oder Zitronen zusammen gepreßt und dabei herrlich parfümiert werden. Auch eine Orangenbuttersauce harmoniert mit Fisch, einer Seezunge oder Eglifilets. Um Sorrent und in Sizilien serviert man einen erfrischenden Salat aus Orangen. Schale und Haut abschneiden, die Früchte in Scheiben schneiden. Leicht salzen, mit bestem Olivenöl begießen, schwarzen Pfeffer aus der Mühle darüber. Wer mag, gibt diesem "Überrest der maurischen Küche" noch ein paar schwarze Oliven bei. In Sizilien wird diese Vitaminbombe noch ergänzt durch frischen rohen Fenchel, feingeschnitten. Wenn Sie die süßen Amalfi- Zitronen auf dem Markt finden, geben Sie noch dünne Scheiben mit der Schale dazu. Das ist auch ein erfrischender Zwischengang bei einem längeren Menu.

Mit Ente à l'Orange will ich Sie nicht langweilen. Auch nicht mit dem Streit, ob damit die italienische Küche die französische wachgeküßt hat. Das Rezept wurde schon 1545 in einem in Frankfurt von Thomas Rebart gedruckten Büchlein "Koch-und Kellermeisterei" eines unbekannten Verfassers beschrieben: "Pomerantzen Salsen/ die truck man aus von in selber/ gebe wohlgeschmackten sauren Wein/ da thut man nichts zu dann Zimetblüh an der Anricht. Ist ein fürstlich Salsen/ Die ist nicht zu behalten/ dann die Pomerantzen müssen allweg frisch ausgetruckt sein. Die Salsen ist gut zu allen Vögeln/ Hühnern und Wildbreth." 150 Jahre später gibt Elsholtz im "Französischen Koch" eine Variante. Er mischt den Saft eines Kapauns mit Orangensaft und brät den Vogel unter weiterem Begießen fertig.

Tips aus der hohlen Hand Sollten Sie einmal mit Mandarinen kochen wollen, darf es chinesische Küche sein. Dort ist getrocknete Mandarinenschale ein verbreitetes Gewürz. Eine Hühnerbrust in Stücke schneiden und mit den Schalenstücken, getrockneten Chilis und geriebenem Ingwer in etwas Reiswein einige Stunden marinieren. Das Fleisch aus der Marinade nehmen, abtupfen, in etwas Stärke wälzen und in heißem Öl im Wok anbraten. Ganze Mandeln und Frühlingszwiebeln mit anrösten, einen Schuß Sojasauce, die Marinade und den Saft von zwei Mandarinen angießen und aufkochen lassen.

Die Orange, Citrus sinensis, ist eigentlich die Apfelsine. Als indische Süßorange gab es sie schon vor 1500 in Italien und Spanien, richtig eingewandert ist sie aber erst 1548, aus China über Portugal. Die vorher bereits angebaute Orange war eine Pomeranze, Citrus aurantium, eine Bitter- oder Sauerorange. Als Heimat aller Zitrusfrüchte vermuten Paläobiologen den Norden Burmas und Südchina. Im ersten Jahrhundert n.Chr. erreichten sie Rom. Martial berichtet, daß man die Bäumchen vor Kälte schützen müsse. Die Kulturen gingen wohl mit dem Imperium unter, wurden von den Mauren in Sizilien und Spanien wieder eingebürgert. Die französischen Könige bauten den Orangen Schlösser, in Versailles zog man 1200 Bäumchen in silbernen Kübeln. Die Früchte wurden aber nicht gegessen. Die Apfelsinen importierte man aus Portugal. Die Blutorange wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in Sizilien auf einem Stamm aus China gezogen. - Die Mandarine, Citrus reticulata, ist wie die Tangerine, Satsuma und Clementine eher eine Mutation als eine Kreuzung.

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