_Unter Napoleon kam die Printe in Form_ Mehr als 8000 Tonnen Printenmasse werden jährlich gemischt,
geformt, geschnitten und gepresst.
Aachen - Sie heissen nicht einfach "Printen", sondern "Aachener
Printen", und sie sind einzigartig in der Welt. Und die Knabberei setzt sich erfolgreich gegen alle
Vergleiche mit Leb- oder
Honigkuchen zur Wehr. Mehr als 8000 Tonnen Printenmasse werden jährlich in etwa 50 Aachener
Grossbetrieben und Traditions-Bäckereien gemischt, geformt, geschnitten und gepresst.
Das Markenzeichen "Aachener Printen" dürfen jedoch nur 22 Betriebe aus der Innenstadt verwenden, die
einem Schutzverein angehören.
_Mandeln und Nüsse_ In Dosen, Beuteln, Schachteln und Säckchen verpackt, mit Schokolade,
Zuckerguss, Mandeln und Nüssen überzogen, hat das würzige Gebäck aus dunklem Weizenmehl - mit
einem Aroma aus Nelken, Koriander, Zimt,
Farinzucker und Kandis - inzwischen weltweit ungezählte Liebhaber
gefunden. Die Herkunft der Aachener Printen wird in Belgien vermutet.
Vor mehr als 350 Jahren soll ein Bronzegiesser aus Dinant das "Gebildebrot" als Proviant nach Aachen
mitgebracht haben. Diese "Urprinten" waren aus einer geschmeidigen, mit Rohrzucker oder
amerikanischen Wildbluetenhonig wenig gesüssten, weichen Masse geformt. Um sie in "Fasson" zu
bekommen, drückte man sie in hölzerne Formen (Modeln) mit kunstvoll geschnitzten Motiven. Das
Drücken, das "Prenten", soll dem Gebäck den Namen gegeben haben.
Die Geburtsstunde der heute klassischen Printenmasse und -form wird
gerne in die Zeit Napoleons verlegt. 1806 verhängte der Feldherr gegen England die Kontinentalsperre. Den
Aachener Spezialisten gingen daraufhin schnell Rohrzucker, amerikanischer Wildbluetenhonig und viele
Gewürze aus. Die Printenbäcker griffen zu Siruptopf und Rübenzucker. Der Teig wurde gröber, zäher und
schwerer formbar.
Kurzum, das Zeitalter der flachen, glatten, harten, etwa zehn Zentimeter langen und rechteckig
geschnittenen Kräuterprinten hatte begonnen.
Als Erfinder dieser Kräuterprinte gilt der Aachener Bäckermeister Henry Lambertz. Aus seiner Backstube
ging die Lambertz-Gruppe hervor.
Das neue "Printen-Format" hatte viele Vorteile: so die fabrikmässige
Herstellung und den bequemen Versand. Allein am Produktionsstandort Aachen steigerte das seit 1688
führende Gebäckunternehmen im Geschäftsjahr 2001 / 2002 seinen Gesamtumsatz aus Backwaren um
15,7 Prozent auf 254,5 Millionen Euro. 11,3 Prozent davon entfallen auf die Spezialität Printen.
Ebenso professionell, auch ohne Backstrassen, geht es in der traditionsreichen Printenbäckerei Heinz
Klein zu. Er produziert zusammen mit seiner Frau und zwei bis drei Mitarbeitern nichts anderes - und das
ist einmalig in der Kaiserstadt - als Printen. An
allen Werktagen von morgens bis abends, gleichgültig ob im Frühjahr, Sommer, Herbst oder Winter. Die
Hochsaison vor dem Weihnachtsfest beginnt im Oktober, praktischerweise gleichzeitig mit der Nuss-Ernte.
Auf 30 bis 40 Tonnen Printen, in zwölf Varianten
jährlich bringt es der Kleinbetrieb. Printen herstellen sei "ein Vollzeitjob", sagt Heinz Klein, der seine Ware
auf eigenen Verkaufsstände auf den Weihnachtsmärkten von Essen, Düsseldorf und Köln anbietet.
Heinz Klein sind die härteren Originalprinten ans Herz gewachsen, auch wenn er weiss, dass der
Geschmackstrend zu den weicheren Varianten tendiert. Lachend trägt er einen Kübel dunklen,
vorgewärmten Sirup zur Rührmaschine, ehe er die anderen Ingredienzien nachfüllt. "Warmer Sirup gehört
zu den Rezeptspezialitäten meiner Bäckerei" - mehr verrät er nicht, es
wäre auch ein Wunder. "Es gibt kein bestes Printenrezept, es muss nur schmecken". Klein schneidet oder
presst den Teig wie zu Grossvaters Zeiten: mit Lineal und Rädchen oder drückt ihn in
Modeln, deren Konturen - wegen der Zähigkeit des Teiges - aus Blech
gebogen sind.
_Gebäck in Fussform_ Bei der Produktion der Standardform erleichtert eine kleine Maschine das
Schneiden. Auf Bestellung gibt es auch Sonderanfertigungen, wie zum Beispiel in Fussform - auf Wunsch
eines Orthopäden.
Ein Stück Geschichte findet der Besucher in den "Alt Aachener Kaffeestuben" des früheren, ungekrönten
Königs der Printenbäcker, des Belgiers Leo van den Däle. Hier wird eine einzigartige Modeln-Sammlung
gezeigt. Die Printen haben sich inzwischen zu einer
Zutat in der Aachener Küche gemausert. Empfohlen sei der rheinische Sauerbraten nach Aachener Art,
dessen Sauce mit Printenstücken verfeinert wird. Ein echter Kaiserstädter favorisiert als Dessert das
Printen-Eis.
[Foto] Printenbäcker Heinz Klein zeigt eine Auswahl seiner Backware.