Zu Martini (11.11.) kommt an manchen Orten eine Martinsgans auf den Tisch. Einen besonderen Brauch
pflegen junge Frauen und Männer im luzernischen Sursee: den so genannten 'Gansabhaüt'.
Viele wollen, nur wenige dürfen: Auf der Bühne auf dem Platz vor dem
Rathaus im luzernischen Sursee hängt am Nachmittag des 11. Novembers eine leblose Gans an einem
Draht. Junge Frauen und Männer, die Schläger, hoffen auf ihr Glück. Da sich viele Interessierte anmelden,
müssen die Schläger ausgelost werden. Jeder zieht eine Nummer aus dem Sack beim Diebenturm, die
ersten 20 kommen in der Regel zum Zug. Sie warten in der Ankenwaage des Rathauses auf ihren Auftritt.
Sonnenmaske, roter Mantel und Dragonersäbel: Zuerst wird das
obligate Glas Rotwein getrunken, danach wird die schwarze Zipfelmütze aufgestülpt, der rote Mantel
umgehängt, die Sonnenmaske aufgesetzt und der stumpfe Dragonersäbel gepackt. Um 15.15 Uhr ertönen
Pauke und Trommel, der erste Schläger versucht sein Glück. Mit einem einzigen Schwerthieb muss er den
Kopf der Gans vom Rumpf trennen. Meist gelingt dies frühestens dem vierten Schläger. Der Gewinner
bekommt die Gans und wird öffentlich demaskiert.
Die zukünftigen Schläger, die Kinder, vergnügen sich an diesem Nachmittag mit Spielen wie
'Stangechläder', 'Sackgompe' und 'Chäszänne'. Abends findet ein Lichterumzug durch die autofreie Altstadt
statt. In manchem Gasthaus kommt an diesem Abend ein Gänsegericht auf den Tisch.
Soldat Martin - Bischof wider Willen: Als 18-jähriger erkannte der
Soldat Martin die Unvereinbarkeit von Christentum und Militärdienst und verliess die römische Armee. In der
Nähe von Poitiers liess er sich als Einsiedler nieder. Auf Drängen des Volkes wurde er 371 Bischof von
Tours, obwohl die Geistlichen dagegen waren - und vor
allem gegen seinen Willen. Er versuchte, der Wahl zu entgehen, und versteckte sich in einem Stall, doch
Gänse verrieten ihn durch ihr Schnattern, so die Legende.
Hauptzinstag und Martinsfest: Martin starb auf einer Missionsreise. Zu
seiner Beisetzung am 11. November - daher der Gedenktag - strömte
eine riesige Menschenmenge. Der volkstümliche Brauch der Martinigans, die man vielerorts zum
Martinsfest verzehrt, basiert auf dem Martinstag als Hauptzinstag. Am Martinstag begann früher das neue
Wirtschaftsjahr des Bauern. Knechte und Mägde erhielten den Lohn und konnten den Dienstherrn
wechseln, Pachtverträge wurden geschlossen, Steuern abgeführt. Zu Martini wurde das Vieh geschlachtet,
das nicht durch den Winter gefüttert werden konnte -
dazu gehörten auch Gänse. So ergab sich der Brauch, am Martinstag, vor dem grossen Fasten im Advent,
Gänsebraten zu essen.