Stopfleber - Die Grenzen des guten Geschmacks (Info)
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Die Festtage nahen - und damit die Hauptsaison für die Foie gras, die
Stopfleber. 70 Prozent des Jahresumsatzes werden zwischen Mitte November und Mitte Februar erzielt.
Und in Frankreich geht der Konsum weiterhin nach oben: 2004 verzehrten die Franzosen 10 Prozent mehr
Foie gras als im Vorjahr, nämlich an die 6.500 Tonnen. Und liegen damit weltweit an erster Stelle. Kein
Wunder, Frankreich ist auch rund um den Globus der wichtigste Produzent und hält 75 Prozent am
Weltmarkt. Obwohl den Herstellern ein immer härterer Wind um die Nase weht, seit Tierschützer die Foie
gras als Symbol des Kampfes gegen Massentierhaltung erkoren. Für die einen ist foie gras also Ausdruck
gastronomischer Hochgefühle, für die anderen miese Tierquälerei. Um ihre als Luxusgut verschrieene
Spezialität zu wahren, haben die Politiker in Paris Mitte Oktober einen Gesetzentwurf auf den Weg
gebracht, die Stopfleber als kulturelles und gastronomisches Heimatgut zu schützen. Übrigens: wer foie
gras
sagt, denkt zuallererst an Gänse - doch die Stopfleber-Produktion
bedient sich zu 96 Prozent der Enten.
Fast wie am Fliessband geht es heutzutage beim Stopfen zu - der
Züchter packt sich eine Ente am Hals, schiebt ihr den Füllschlauch in den Schlund und die Maschine
pumpt das Futter Richtung Magen. Das dauert eins, zwei, drei Sekunden und schon ist das nächste
Federvieh dran. Zwei Mal täglich, alle 12 Stunden, werden die Enten im Schnitt mit einer Ration
vollgestopft. So haben es schon die Eltern von Marie-Pierre Pé auf ihrem Hof gehalten. Madame Pé ist seit
18 Jahren
Vorsitzende des Verbands der Foie-gras-Produzenten:
O-Ton Übersetzung: Gefüttert werden die Tiere mit Mais. Entweder
werden die Maiskörner gekocht und mit ein bisschen Fett vermengt, damit die Mahlzeit besser durch den
Schlund rutscht. Oder der Mais wird zu Mehl gemahlen und dann mit Wasser zu einem Brei verarbeitet.
Zu Beginn der Stopfphase ist die Nahrungsmenge noch gering und wird dann nach und nach gesteigert.
Anfangs bekommt es im Schnitt um die 150 Gramm Mais pro Mahlzeit, zum Schluss dann sind es bis zu
400 Gramm.
Die maschinelle Mast dauert im Schnitt 12 Tage. Und führt zum Anschwellen der Leber: am Ende der
Stopfphase ist diese bis zu
zehnmal so gross wie zu Beginn der Mast. Das letzte Stündlein des Federviehs schlägt im Schlachthof.
Die letzten zwei Wochen seines Lebens sind für das Tier zumindest monoton.
Die ersten drei Monate seines Lebens hingegen verlaufen recht idyllisch. Ein, zwei Tage nach dem
Schlüpfen in der Brutfarm kommt das männliche Küken zum Züchter auf den Hof, in den gutgeheizten
Stall. Die weiblichen Küken jedoch werden nach dem Aussortieren sofort getötet. Sobald das Federkleid
das Tier wärmt, gehts raus ins Grüne, in den Freilauf. Im Alter von neun, zehn Wochen dann beginnt für
den jungen Erpel ein neuer Alltag- er kann nun nicht
mehr futtern, wann er will, sondern wird auf zwei Mahlzeiten am Tag gedrillt. Als Vorbereitung für die
intensive Mastphase, die zwei Wochen später beginnt.
O-Ton Übersetzung: Den Effekt Stopfleber finden Sie bei gewissen
Zugvögeln, die sich vor der grossen Reise Energie-Reserven in der
Leber anfressen. Im Gegensatz zu Säugetieren findet die Fettsäure-Synthese vor allem in der Leber statt.
Wir setzen nur
bestimmte Enten- und Gänsesorten bei unserer Mast ein. Die stammen
von Wildvögeln ab, die fähig sind, Fett in der Leber anzusammeln.
Diese Sorten wurden im Laufe der Zeit weitergezüchtet. Wenn Sie eine polnische Gans mästen, wird sie
das Fett vor allem im Fleisch ablagern. Bei einer Gans-Sorte aus dem Südwesten bei uns hingegen
sammelt sich das Fett in der Leber und macht diese zur Stopfleber.
Die Foie-gras-Produzenten halten gerne idyllische Bilder von
glücklichen Gänsen auf grünen Wiesen hoch. Doch ein Grossteil der Federviecher wird heute in grossen
Hangars gemästet. In langen Reihen und auf Tischhöhe sind hier Käfigbatterien aufgereiht, in denen Tier für
Tier einzeln in einen engen Gitterkäfig gepfercht ist. Nur Schnabel und Hals ragen da heraus. Ein Anblick,
der sensible Seelen aufwühlt. Pro Bauernhof sind bis zu 1.000 Tiere gleichzeitig in einem solchen
Stopfzentrum untergebracht, mehr lässt die Qualitätscharta, die sich der Verband der Foie-gras-
Produzenten 1995
selbst vorgab, nicht zu. Mit dieser Qualitätscharta reagierte die Branche auf die zunehmende Kritik an der
Stopfmethode, die allen voran von Tierschutzorganisationen als barbarisch abgestempelt wird.
1999 hat die EU unter anderem bestimmt, dass Stopfleber nur in den Ländern, in denen dies bislang schon
der Fall war, noch weiterhin produziert werden darf.