Das Bessere ist der Feind des Guten: deshalb verdrängte der Silvaner
im 19. und Anfang des 20. Jahrhundert zuerst alte, heute nicht mehr bekannte Sorten und dann Gutedel
und schliesslich den Elbling vom ersten Platz in den Weinbergen. Ein paar Jahrzehnte später ereilte ihn
aber das gleiche Schicksal: der Müller-Thurgau setzte sich
gegenüber dem Silvaner durch. Und heute ist der Riesling auf Platz eins.
Der Erfolg des Silvaners hatte auch damit zu tun, dass er die erste Rebsorte war, die die Züchter mit Erfolg
ertragssicher machten.
Vorher gab es von jeder Sorte in den Weinbergen unzählige Pflanzen mit durchaus verschiedenen
Eigenschaften. Manche davon tragen wenig Trauben oder nur alle paar Jahre mal welche. 1876 nahm
Gustav Adolf Fröhlich die besten Silvanerreben aus seinen Weinbergen und vermehrte sie gezielt und
pflanzte nur diese Nachkommen in neue Anlagen (Klonenselektion). Plötzlich gab es verlässlich in jedem
Jahr einen gleichmässigen Ertrag.
Silvaner wird auf noch 5.300 Ha in Deutschland angebaut und damit auf gut 5% der Rebfläche. Der grösste
Anteil entfällt auf Rheinhessen, dann folgen Franken und die Pfalz.
Die Herkunft dieser alten Sorte liegt im Dunkeln: sie stamme - wie
Graf Dracula - aus Transsylvanien hiess es lange. Aber das hat mehr
mit dem Namen als mit der Realität zu tun. Silva ist der Wald - im
lateinischen. Daher kommt der Name wohl. Heute weis man, dass der Silvaner vor langer Zeit aus einer
Kreuzung von Traminer und einer Heunischen Rebe ("Österreichisch Weiss") entstanden ist. Traminer ist
die Urmutter aller mediterranen Typen. Heunisch nennt man eine ganze Reihe von Ursorten
osteuropäischen Ursprungs, die wohl alle von europäischen Wildreben abstammen.
Nach Deutschland kam der Silvaner Mitte des 17. Jahrhunderts. Belegt ist, dass im Jahr 1665 ein
Zisterzienser-Abt Alberich Degen aus dem
fränkischen Steigerwald die Rebe nach Deutschland brachte. Und zwar aus Österreich. Von Franken aus
verbreitete sie sich in andere deutsche Anbaugebiete. Deshalb gehören "Franken" und "Österreicher" auch
zu den zahllosen Synonymen der Sorte. In der Schweiz nennt man sie "Johannisberg" (obwohl
Johannisberger anderen Orts für den Riesling steht), "Sonoma-Riesling" (in den USA wo etwa 75 ha
stehen)
oder "Fliegentraube" (was manche glauben lässt, er sei mit dem "Bienentraube" - "uva apis" identisch, die
der Römer Plinius der
Ältere beschrieben hat).
Für den Winzer ist der Silvaner keine ganz einfache Sorte. Er treibt ein paar Tage früher aus als der
Riesling und deshalb setzen ihm Maifröste viel schlimmer zu. Ausserdem verträgt er Kalk im Boden nicht
so gut und er braucht fettere Böden als der Riesling. Trocken und steinig ist nichts für ihn. Er kann hohe
Erträge bringen, die der Winzer mit Handarbeit begrenzen muss.
Silvanerweine sind in der Regel eher hell. Im Geschmack hat der Silvaner für den Weinfreund aber
sozusagen zwei Gesichter: es gibt
neutrale, milde Schoppenweine mit einer feinen Aromatik von Heu und Wiesenblumen. Und dann gibt es
üppige Spät- und Auslesen mit
Bananen-, Quitten und Maracuja-Frucht. Typisch ist auch ein Hauch von
Eisbonbon. Wie alle säurearmen Sorten läuft er Gefahr breit und konturlos zu werden, wenn der Winzer
nicht optimal arbeitet.
Je nach Typ variiert auch die Eignung des Silvaners in der Küche:
schlank und rank ist er der ideale Partner für Spargel, für erdige Fische wie Wels oder auch für
Kartoffelgerichte. Kräftigere Weine dieser Sorte harmonieren mit kräftigen Pilzgerichten oder
Jacobsmuscheln.