Eigentlich gibt es natürlich keine Winterweine, so wenig wie es Sommerweine gibt - jedenfalls juristisch
und im
Wein-Bezeichnungsrecht. Und trotzdem wird jeder Weinfreund
eingestehen, dass er im Winter andere Weine bevorzugt als im Sommer.
Im Winter ist es kälter, länger dunkel und man isst ja auch andere Dinge. Das alles zusammen verändert
auch die saisonalen Trinkgewohnheiten. Der Weinhandel spekuliert darauf. Die Kataloge und Internet-
Angebote kennen den Begriff Winter-Wein deshalb
durchaus. Obwohl er so unscharf ist. Und weil er so unscharf ist, wird da mit dem Winter-Argument alles
angeboten, was offenbar weg
muss. Dennoch lassen sich die Worte "samtig, warm, üppig, lang und süss" überdurchschnittlich oft
finden. Und die Anspielung auf die Weihnachts-Aromen "Zimt, Vanille, Nelken, Kardamon etc.".
Glühwein ist wohl der Winterwein schlechthin. Er hat viel Gewürz und Wärme sowieso. Allerdings eher,
sagen wir: von aussen
zugegeben.
Einen ähnlichen Effekt, aber aus dem Wein selbst heraus haben viele schwere Rotweine. Alkohol wärmt
nun mal - jedenfalls subjektiv. Und
deshalb sind Winterweine tendenziell alkoholreicher als Sommerweine.
Die Gewürznoten kommen bei solchen Weinen zum Teil durch die Reben, zum Teil aber auch durch den
speziellen Ausbau zustande.
Winterrotweine sind weniger die fruchtigen Typen als vielmehr die eher tanninhaltigen, barriqueausgebauten
und die mit den Würznoten.
Z. B. die Weine aus der Rebsorte Syrah (bzw. Shiraz), die südfranzösischen Mischungen aus Syrah,
Grenache und Mourvedre, Malbec aus Argentinien und Carmenere aus Chile. Natürlich der Nebbiolo aus
Italien, der im Barolo steckt, und der spanische Tempranillo. Immer haben die Menschen aber auch der
Natur geholfen, um "Winterweine" entstehen zu lassen. In Norditalien z.B., wo etwa im Valpolicella eher
leichte Weine erzeugt wurden. Dort haben die Winzer die Trauben in offenen Hallen oder auf Stroh
antrocknen lassen. Dadurch werden die Inhaltsstoffe konzentriert. Wenn auch noch Edelfäule diese
Trauben befällt, dann entstehen schwere, üppige Rotweine, die man in der trockenen Version "Amarone"
nennt.
In Deutschland macht der Ausbau im neuen Holzfass aus den grossen Spätburgundern, Lembergern aber
und Dornfeldern richtige "Winterweine".
Barriqueweine generell haben häufig die Vanille-, Karamell-, Zimt-
und Rauchtöne, die wir mit Winter in Zusammenhang bringen. Das ist auch keine Einbildung, sondern das
Ergebnis chemischer Vorgänge beim Rösten des Holzes. Die Dauben für diese Fässer werden nämlich
über offenem Feuer gebogen und dabei entstehen im Holz tatsächlich Vanillin und Karamellverbindungen,
Rauchtöne sowieso.
Und die gehen in den Wein über. Das ist so gesehen eine Aromatisierung.
Süssweine wird man schliesslich auch noch zu den Winterweinen rechnen, vor allem die roten und vor
allem auch die alkoholverstärkten. Also jene, denen auch noch purer Alkohol zugeben wird: Portwein und
die südfranzösischen Maury, Rivesaltes
und natürlich Banyuls sind die bekanntesten Vertreter. Die Süsse versöhnt ein bisschen mit dem kalten
Wetter draussen und diese Weine kann man auch zusammen mit Weihnachtsplätzchen geniessen. Sie
sind zudem so stark (15-20%), dass man sie im Sommer schlecht
verkraftet. Das ist auch wohl der grösste Unterschied zu den deutschen Süssweinen (Auslesen und
Eisweine), die eher fruchtbetont und durchaus alkoholarm sind.