Arabische Leckereien: Muslime feiern mit dem Zuckerfest das Ende des
Fastenmonats Ramadan.
_4.55 Uhr_ Noch ein letzter Schluck Wasser - und das war's. Bis zum
Sonnenuntergang wird Najma Faraj nichts mehr trinken und essen. Es ist Ramadan, der islamische
Fastenmonat; wie ihr Mann und ihre sechs erwachsenen Kinder fastet die in der palästinensischen
Westbank lebende Muslima seit dem ersten September.
Früh morgens - um Viertel vor vier - hat sie ihren jüngsten und
ihren ältesten Sohn geweckt und ihnen ein Frühstück bereitet. Es gibt Brot, Eier, Wurst, Käse und Halva,
eine mit weissem Nougat verwandte Süssspeise, dazu schwarzen Tee.
Die jungen Männer greifen schweigend und verschlafen zu, während Najma selbst nur einen Keks zum Tee
isst. "Um diese Uhrzeit bekomme ich kein Essen runter", sagt sie. Wie ihr Mann und ihre Töchter -
die in ihren Betten liegen geblieben sind - bedarf sie dieser
letzten Mahlzeit vor Sonnenaufgang nicht. Trotzdem macht sie ihren Söhnen Frühstück - dass ihre Kinder
es sich selbst zubereiten,
kommt für die 60-Jährige nicht infrage.
_5.30 Uhr_ Nachdem ihre Söhne wieder schlafen gegangen sind, legt sich Najma nicht noch mal hin. Es
ist bereits halb sechs, in einer halben Stunde muss sie ohnehin für das Morgengebet aufstehen. Sie
wäscht eine weitere Maschine Wäsche. Seit gestern gibt es endlich wieder Wasser. Drei Tage lang war ihr
Haus im Palästinensergebiet ohne fliessendes Wasser gewesen.
Sie konnte sich weder die Haare waschen, noch ihren Fussboden wischen. Doch zum Glück kam das
Wasser noch rechtzeitig, bevor heute Abend ihre drei Schwägerinnen zum Fastenbrechen zu Besuch
kommen. Zum Glück. Denn just nach der Maschine Wäsche ist das Wasser auch schon wieder weg.
"Was will man machen?", sagt die kleine zierliche Frau mit einem Schulterzucken.
_12 Uhr_ Najma bindet sich ihr Kopftuch um und bricht auf zum Markt. Das Thermometer zeigt 31 Grad
an, im ruckeligen Bus gibt es keine Klimaanlage. Auf dem Markt ist es noch voller als sonst. "Jetzt, kurz
vor dem Ende des Fastenmonats, sind alle in der Stadt und kaufen Geschenke für die Kinder", sagt sie.
"Zum Zuckerfest bekommen alle Kinder neue Kleider." Se selbst steuert als Erstes auf einen Stand mit
duftenden kleinen Pfannkuchen zu, welche hier im Akkord auf einer grossen Platte gebacken und zum
Kilopreis verkauft werden. Diese kleinen Pfannkuchen wird sie später füllen und zu "Katayefs" formen.
Katayefs gehören zum Ramadan so wie für uns Lebkuchen und Spekulatius zur Weihnachtszeit. Die
Füllung besteht meistens aus Nüssen oder süssem Ziegenkäse und jede Familie versucht die Katayefs der
Nachbarn und Verwandten zu übertreffen. Schliesslich ist Ramadan auch der Monat für die meisten
Besuche. Und immer werden Katayefs gereicht.
Dabei sind die leckersten grundsätzlich diejenigen, die man gerade isst - zumindest sagt man zu jedem
Gastgeber die
Höflichkeitsformel: "Deine Katayefs schmecken am allerbesten."
Somit kann sich auch Najma damit rühmen, die allerbesten Katayefs zu machen. Ihre Füllung ist simpel:
gehackte Walnüsse mit Zimt und
Zucker. Ausser den Katayef-Pfannkuchen kauft Najma Brot, Obst, ein
paar neue Gläser und Schüsseln. Zu guter Letzt lädt sich die 60-Jährige auch noch drei 1,5-Liter-Flaschen
Cola auf.
_14 Uhr_ Najma ist wieder zu Hause. Noch etwa 4 Stunden und 45 Minuten bis die Sonne untergeht und
"Allahu akbar" (Gott ist gross) von den Moscheen gerufen wird. Dann wird gegessen.
Weil Besuch kommt, kocht Najma das traditionelle Mansaf-Gericht
heute mit Rindfleisch anstatt Hühnchen. Mansaf stammt noch aus dem Beduinen-Zeitalter und ist ein
traditionelles arabisches
Festtagsgericht.
Und obwohl weder das Mansaf noch die Katayefs besonders aufwendig sind, flitzen Mutter und Töchter bis
zu diesem Zeitpunkt immer wieder in die Küche, um noch einmal nach dem Reis zu sehen, das Fleisch zu
begutachten, Mandeln zu rösten - probieren und
abschmecken ist in der Fastenzeit vor dem Sonnenuntergang nicht erlaubt.
_18.25 Uhr_ Der Tisch ist gedeckt, das Rindfleisch liegt zwischen den gerösteten Mandeln auf dem Reis.
Doch noch müssen sie sich 20 Minuten gedulden. Familie und Gäste sitzen im Wohnzimmer, und wie
jeden Tag um diese Uhrzeit wird nicht mehr viel gesprochen. Alle warten darauf, sich an die Tafel zu setzen.
Dann endlich: Die Sonne
ist untergegangen, es ertönt der Ruf von den Moscheen: "Allahu
akbar." Nach einem kurzen Gebet greift Najma zu ihrem Glas Wasser.
_Das Zuckerfest_ Das Ramadanfest, Fest des Fastenbrechens oder Zuckerfest beendet den islamischen
Fastenmonat Ramadan. Das Fest, mit dem die einmonatige Fastenzeit ihren Abschluss findet, wird in den
ersten drei Tagen des Folgemonats "Schauwal" gefeiert. In diesem Jahr von gestern, 30.
September, bis morgen, 2. Oktober. Es ist nach dem islamischen Opferfest das zweite Hauptfest des
Islams. Am ersten Morgen des Fastenbrechenfests werden die Moschee und der Friedhof besucht. Der
restliche Tag wird genutzt, um Verwandte und Bekannte zu besuchen.
Dabei werden Geschenke gemacht, meist süsse Gerichte gereicht und Süssigkeiten verteilt. Männer und
Frauen kleiden sich besonders schön, und auch das Haus ist vollkommen aufgeräumt.
Rezepte:
Ma'moul mit drei verschiedenen Füllungen Mansaf Einfaches Zuckerfestgebäck Katayef
:Letzte Äend. am: 7.10.2008