Keine Angabe

Ganz schön und voller Freude geerbt



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Zutaten

  • Brühe
  • Bärlauch
  • NACH EINER RÜBRIK VON

  • - Beat Wüthrich
  • - Weltwoche 11/1999
  • - Erfasst von Rene Gagnaux
  • Ich habe geerbt: einen riesigen Tiefkühlschrank, der ständig achtzehn Minusgrade anzeigt. Er steht im Kellervorraum, und ich bin stolz darauf. Bis letzten Samstag stand er leer, da mir mein grosses Tiefkühlabteil in der Küche vollauf genügte. Dort war eh nie viel drin, weil ich Frischprodukte nach wie vor bevorzuge.

    Wie sollte ich meinen Tiefkühlschrank füllen? Fertigpizza? No. Fertig-Ratatouille? Non. Calamares? No. Schottische Lammkoteletts? No. Deutsches Brot? Nein. Österreichischer Apfelkren? Nein. Schweizer Fertigrösti? Näi.

    Ich stellte mich bei schönstem Wochenendwetter in die Küche und stellte Brühen her. Da einen grossen Topf mit zerlegtem Suppenhuhn, Lauch, Zwiebeln, einer Karotte, Petersilie; auf einer andern Herdplatte einen Topf mit Siedfleisch und Knochen, Lauch, Knoblauch, Wirsing, einer Karotte, Sellerie, Petersilie; auf der dritten Feuerstelle das letzte, kleingeschnittene Wintergemüse. Alles ungesalzen. Ich liess alles aufkochen, schöpfte den Schaum ab, setzte überall einen Deckel drauf und stellte die Herdplatten auf die kleinstmögliche Hitze. Stundenlang. Auf die Gefahr hin, dass mir einige Leserinnen und Leser gram sind: Ich ass weder das Huhn noch das Siedfleisch (die Knochen sowieso nicht), noch das Gemüse. Weil alles dermassen ausgekocht war, dass es - für Partner oder gar Gäste - eine Zumutung gewesen wäre. Ich stellte die Töpfe samt Inhalt für eine Nacht auf den Terrassentisch. Gut verschlossen, denn bei uns in der Nachbarschaft hausen Füchse. Und wer weiss, ob die nicht an die Ware rangegangen wären. Sie gingen nicht. Am Morgen holte ich die drei Töpfe, entfettete mit der flachen Schöpfkelle, wo es etwas zu entfetten gab, entfernte durch ein Sieb die Hühner-, Rindfleisch- und Gemüsereste, kochte alle drei Flüssigkeiten nochmals separat auf, salzte (erst jetzt!), pfefferte, liess alles erneut abkühlen und füllte meine Brühen in Tiefkühlschalen. Mein grosser, geerbter Tiefkühlschrank hat zum erstenmal einen Inhalt. Die Brühen lassen sich für Suppen und Saucen verwenden. Und ich freue mich auf den richtigen Frühling, wenn ich Kräuter einfrieren kann. So bescheiden kann manchmal Freude sein.

    Die Bärlauchzeit hat nach der Schneeschmelze begonnen. Hier ein einfaches Aperorezept mit den grünen, nach Knoblauch duftenden und schmeckenden Blättchen, das zu Weisswein, Prosecco oder ähnlichem passt: Crostini mit Bärlauchbutter. Für sechs Personen schneide ich ein Baguettebrot in zwölf Scheiben, wasche eine Handvoll Bärlauch, trockne ihn in der Salatschleuder. Drei Blättchen schneide ich in feine Streifen, lasse sie links oder rechts liegen. Die andern schneide ich mit der Schere ganz fein, vermische sie mit hundert Gramm weicher Butter (eine Stunde Zimmertemperatur), salze und würze mit Zitronenpfeffer. Die schaumig geschlagene Butter auf die Brotscheiben verteilen, unter dem vorgeheizten Grill fünf Minuten überbacken. Mit den restlichen Blättchen garnieren und heiss servieren.

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    Aufbau, Bärlauch, Brühe, Info

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