Ich habe geerbt: einen riesigen Tiefkühlschrank, der ständig
achtzehn Minusgrade anzeigt. Er steht im Kellervorraum, und ich bin stolz darauf. Bis letzten Samstag
stand er leer, da mir mein grosses Tiefkühlabteil in der Küche vollauf genügte. Dort war eh nie viel drin, weil
ich Frischprodukte nach wie vor bevorzuge.
Wie sollte ich meinen Tiefkühlschrank füllen? Fertigpizza? No.
Fertig-Ratatouille? Non. Calamares? No. Schottische Lammkoteletts? No.
Deutsches Brot? Nein. Österreichischer Apfelkren? Nein. Schweizer Fertigrösti? Näi.
Ich stellte mich bei schönstem Wochenendwetter in die Küche und stellte Brühen her. Da einen grossen
Topf mit zerlegtem Suppenhuhn, Lauch, Zwiebeln, einer Karotte, Petersilie; auf einer andern Herdplatte
einen Topf mit Siedfleisch und Knochen, Lauch, Knoblauch, Wirsing, einer Karotte, Sellerie, Petersilie; auf
der dritten Feuerstelle das letzte, kleingeschnittene Wintergemüse. Alles ungesalzen. Ich liess alles
aufkochen, schöpfte den Schaum ab, setzte überall einen Deckel drauf und stellte die Herdplatten auf die
kleinstmögliche Hitze. Stundenlang. Auf die Gefahr hin, dass mir einige Leserinnen und Leser gram sind:
Ich ass weder das Huhn noch
das Siedfleisch (die Knochen sowieso nicht), noch das Gemüse. Weil alles dermassen ausgekocht war,
dass es - für Partner oder gar
Gäste - eine Zumutung gewesen wäre. Ich stellte die Töpfe samt
Inhalt für eine Nacht auf den Terrassentisch. Gut verschlossen, denn bei uns in der Nachbarschaft hausen
Füchse. Und wer weiss, ob die nicht an die Ware rangegangen wären. Sie gingen nicht. Am Morgen holte
ich die drei Töpfe, entfettete mit der flachen Schöpfkelle, wo es etwas zu entfetten gab, entfernte durch ein
Sieb die Hühner-,
Rindfleisch- und Gemüsereste, kochte alle drei Flüssigkeiten
nochmals separat auf, salzte (erst jetzt!), pfefferte, liess alles erneut abkühlen und füllte meine Brühen in
Tiefkühlschalen. Mein grosser, geerbter Tiefkühlschrank hat zum erstenmal einen Inhalt.
Die Brühen lassen sich für Suppen und Saucen verwenden. Und ich freue mich auf den richtigen Frühling,
wenn ich Kräuter einfrieren kann. So bescheiden kann manchmal Freude sein.
Die Bärlauchzeit hat nach der Schneeschmelze begonnen. Hier ein einfaches Aperorezept mit den grünen,
nach Knoblauch duftenden und schmeckenden Blättchen, das zu Weisswein, Prosecco oder ähnlichem
passt: Crostini mit Bärlauchbutter. Für sechs Personen schneide ich
ein Baguettebrot in zwölf Scheiben, wasche eine Handvoll Bärlauch, trockne ihn in der Salatschleuder. Drei
Blättchen schneide ich in feine Streifen, lasse sie links oder rechts liegen. Die andern schneide ich mit der
Schere ganz fein, vermische sie mit hundert Gramm weicher Butter (eine Stunde Zimmertemperatur), salze
und würze mit Zitronenpfeffer. Die schaumig geschlagene Butter auf die Brotscheiben verteilen, unter dem
vorgeheizten Grill fünf Minuten überbacken. Mit den restlichen Blättchen garnieren und heiss servieren.