Gäste:
- Jean Marie Dumaine, Feinschmeckerkoch und Inhaber des Restaurants
"Vieux-Sinzig" in Sinzig
- Christian Teubner, ehemaliger Verleger & Food- Fotograf
- Andreas Lechtenfeld, Küchenchef im Maternushaus, Köln
Moderation: Steffi Klaus
Recherchen: Sabine Jäger
Redaktion: Jürgen Orthaus
"Sie ist eine Speise, die im Himmel erfunden worden sein muss!", schwärmte ein Gourmet einmal von einer
getrüffelten Geflügelpastete. An der Wertschätzung für Pasteten hat sich bis heute nichts geändert.
Feinschmecker sehen in ihnen noch immer einen unvergleichlichen Höhepunkt des kulinarischen
Genusses.
Köchen dagegen fordern sie ihr ganzes Können ab. Der Verleger und grosse Pastetenfreund Christian
Teubner und der französische Koch Jean-Marie Dumaine beantworten Fragen nach der Kulturgeschichte
der
womöglich interessantesten Sparte der Koch- und Backkunst bis hin
zum köstlichen Genuss.
_Kulturgeschichtliches_ Schon die findigen alten Griechen und Römer haben Pasteten verzehrt. Der
griechische Dichter Aristoteles beispielsweise berichtet davon, dass Pasteten während der
Theateraufführungen gegessen worden sind, als eine Art Snack. Die Teighülle diente auch damals schon
als Schutz vor Aromaverlust und Verderbnis. Anfänglich war die Pastete jedoch weit davon entfernt, eine
Delikatesse zu sein, zu der wurde sie erst Jahrhunderte später. Grossen Dank zollt die französische Küche
bekanntlich Katharina de Medici. Als sie 1533 Heinrich II. heiratete, brachte sie eine Schar von Köchen mit,
die u.a. die Pastetenbäckerei am Hofe vereinfachten und zugleich verfeinerten. So brachten sie ein Rezept
namens "Polpetta" mit, eine Art Hackbraten, der in eine Hülle aus Briocheteig gefüllt wurde.
Grosse Ehre gebührt auch dem Strassburger Pastetenbäcker Jean Pierre Clause. Er erfand, als er noch im
Dienst des Maréchal de Contades stand, die berühmte Pâté de foie de gras, die getrüffelte
Gänseleberpastete, sie gilt bis heute als die Gipfelleistung des Metiers.
_Was sind Pasteten, Terrinen, Galantinen etc.?_ Man unterscheidet zwischen Pasteten, Terrinen,
Galantinen und noch einigen anderen köstlichen Varianten der Pastete. Pasteten sind alles, was als
Füllung d.h. Farce in einem Teigmantel daherkommt.
Die Farce ist im Grunde eine verfeinerte Wurst, deren Herstellung sehr arbeitsintensiv ist.
Terrinen kommen ohne eine Teighülle aus, die Farce wird in Gefässe d.h. Terrinen gefüllt, die in der Regel
mit Speck oder Folie ausgelegt sind. So kommen sie ins Wasserbad und werden im Ofen gegart.
Feinschmecker streiten sich seit Jahrhunderten, was besser ist, die Terrine oder die Pastete. Für die
Terrine spricht, das sie den reinen Genuss bietet. Sie hat mittlerweile die Pastete etwas verdrängt,
vielleicht weil sie etwas weniger arbeitsaufwendig ist.
Das ist eigentlich schade, denn eine Pastete mit ihrem kunstvoll gestalteten Teigmantel bietet natürlich
auch einen schönen Anblick.
Bei einer anderen Form der Pastete, der so genannten Galantine, wird die Farce in ausgebeintes Fleisch
oder nur in die Haut des Tieres gefüllt. Zum Beispiel in Poularden, Fasane, Enten oder aber in Einzelteile
wie Kalbsbrust oder gar Schweinefuss. Wichtig ist es, die Form des Tieres oder des Teilstückes zu
erhalten. Galantinen gelten als Luxuspasteten und bieten einen kulinarischen Hochgenuss.
Terrinen werden auch von Hobbyköchen zubereitet. Galantinen und Pasteten in der Regel nur von
Profiköchen.
Weitere Varianten der Pastete sind Blätterteigpasteten, die so genannten Bouchées, die ursprünglich
kleine, fast winzige Pastetchen waren, die man mit einem Bissen verspeisen konnte. Die Formen werden
blind gebacken und mit einer warmen Füllung serviert.
Eine der bekanntesten ist die "Königin Pastete".
Pasteten kennt man nahezu überall auf der Welt: In der
angelsächsischen Tradition sind es die Pies, in Russland und Polen Piroggen, in Spanien schätzt man die
Empanadas usw.
_Die Farce - die zarte Füllung für Pasteten_
Das Wort "farce" stammt auf dem Französischen und bedeutet "übermütiger Scherz, Schabernack".
Ursprünglich machte man sich einen Scherz daraus, ein Huhn, einen Fisch oder anderes mit einer "Farce"
auszustopfen, was nicht heisst, dass der Inhalt auch gegessen werden musste. Erst später wurden die
Füllungen immer schmackhafter, so dass Gefülltes unter Geniessern immer beliebter wurde und ihre
Herstellung zur Hohen Schule der Kochkunst avancierte. Bei den Galantinen waren die Füllungen
ursprünglich nur eine interessante Zugabe, die Pastete aber wurde bereits wegen ihrer Füllung kreiert, das
steigerte sich bis zur Terrine, bei der die Farce allein brilliert.
Die Farce wird entweder aus edlen oder einfachen und deftigen Zutaten komponiert. Eine gute Farce muss
locker und luftig sein. Sie muss auf der Zunge zerschmelzen und sofort das Aroma freigeben. Um sie zu
lockern mengen Köche ihr zuweilen Ei, Brot oder eine Mehlpanade bei. Die Verfechter "der reinen Lehre"
dulden jedoch nur die klassische Fleischfarce, die aus drei Teilen besteht: Erstens
dem Geschmacksträger, also demjenigen Lebensmittel, welches der Pastete den dominierenden
Geschmack und meistens auch den Namen gibt, das kann Fleisch vom Kalb, Wild oder Geflügel sein.
Zweitens dem Schweinefleisch, das zwar nicht zwingend erforderlich ist, aber einer guten Farce erst den
richtigen Schliff gibt. Drittens, dem Schweinespeck, im richtigen Mengenverhältnis lockert er die Farce und
gibt ihr den zarten Schmelz. Dazu kommen noch Gewürze und eventuell Einlagen von Fleisch, Nüssen
oder Pilzen.
Über das gute Gelingen der Farce entscheidet die Bindung. Bei einer Fleischfarce übernimmt die Bindung
das fleischeigene Eiweiss. Es hat die Eigenschaft bei höheren Temperaturen zu gerinnen und ist in diesem
Zustand für die Bindung untauglich. Deshalb müssen bei der Herstellung einer Fleischfarce, insbesondere,
wenn es sich um eine feine Farce handelt, die Zutaten immer wieder gekühlt werden.
Ebenso müssen die Geräte sich in einem kalten Zustand befinden.
Für alle Pastetenfarcen gilt: Nur die besten und frischesten
Zutaten verwenden! Das beste Fleisch, der frischeste Fisch, das entsprechend abgehangene Wild, sind
gerade gut genug! _Pastetenteige_ Die Pastenteige der ersten Stunde wurden sehr wahrscheinlich nur
mit Mehl und Wasser zubereitet. Später entdeckten findige Bäcker, dass man mit Fett und Eiern dem Teig
eine lockere Konsistenz geben konnte. Ungeheuer kunstvolle Gebilde aus Pastenteig sind aus der Zeit des
Hochmittelalters, der Renaissance und des Barock bekannt.
Zum Essen dienten die Teige nicht unbedingt, sie waren oftmals nur der schönen Optik wegen angefertigt
worden. Grosse Meister im Pastetenbacken waren zu aller erst die Italiener, später folgten die Franzosen,
sie waren die ersten, die zugunsten des Geschmacks die Qualität der Teige verbesserten und sie eines
Tages sogar ganz wegliessen: Die Terrinen und Galantinen waren geboren.
Wichtigste Hülle und erster Teig in der Pastenbäckerei ist der Mürbe- oder Knetteig. Der nächst wichtigste
Teig ist der
Blätterteig, der für die Bouchées verwendet wird, die grundsätzlich heiss verzehrt werden, denn der
Blätterteig würde im kalten Zustand durch die feuchte Füllung pappig werden. Der dritte Teig für Pasteten
ist der Hefeteig bzw. Brioche-Teig. Bei
klassischen Pasteten spielt er allerdings eine untergeordnete Rolle.
Von grosser Bedeutung ist allerdings der Hefeteig für russische Piroggen, südamerikanische Empanadas
und für einige andere internationale Spezialitäten.
_Pastetengewürze_ An die mittelalterliche Würzwut vieler Köche reichen wir heute nicht mehr heran, aber
es ist doch erstaunlich, wie viele Gewürze für eine Pastete verwendet werden. Für ein Grundgewürz
benötigt man in der Regel bis zu 15 verschiedene Gewürze und Kräuter. Wer es sich einfach machen
möchte, kann eine Würzmischung bereits fix und fertig kaufen. Wer sie jedoch selbst herstellen möchte,
sollte sich exakt an die vorgegebene Menge im Rezept halten oder an die Menge, die die eigene Erfindung
für ideal befunden hat. Eine digitale Waage ist ratsam. Wer die Farce mit Alkohol verfeinert, sollte auch hier
nicht irgendeinen Fusel verwenden, sondern nur beste Qualität.
_Die richtige Garzeit_ Der Garprozess stellt sogar für Profiköche eine Herausforderung dar. Pasteten
sollten grundsätzlich bei Temperaturen unter 100 Grad gegart werden. Um die richtige Garzeit
festzustellen, kann man z. B.
mit einer dünnen Nadel (ideal ist eine Bridiernadel) in die Mitte der Pastete oder Terrine bis zum Boden
stechen. Eine immer gleichmässig lang Zeit darin stecken lassen und dann die herausziehen. Die Nadel
unterhalb der Unterlippe entlang ziehen. Die Nadel soll an der Spitze heiss, in der Mitte warm und nach
oben hin wieder heiss sein. Ist sie in der Mitte kalt, die Garzeit verlängern. Die Probe mit dem
Fleischthermometer ist die sicherste.
Die Spitze des Thermometers in die Mitte der Pastete stecken, dann nach 2 Minuten ablesen. Farcen
sollten 65 - 70 °C haben, bei
Pasteten und Terrinen mit Einlagen darf das Thermometer wenig über 60 °C anzeigen.
_Die Gänseleberpastete_ Die Gänseleberpastete oder Gänseleberterrine gilt als das Juwel unter den
kulinarischen Hochgenüssen. Erfunden wurde sie 1762 von Jean Pierre Clause anlässlich eines Essen
seines Dienstherren, dem Marschall de Contades. Umstritten ist die Pastete unter Tierfreunden deshalb,
weil sie aus Stopflebern zubereitet wird. In Deutschland ist das Stopfen von Gänsen seit 1933 verboten.
In Frankreich, Polen, Ungarn und Israel ist das Stopfen von Gänsen bis heute erlaubt. Einige
Feinschmecker jedoch behaupten, dass es nicht nötig sei, Stopflebern zu verwenden. Auch mit der Leber
von nicht gestopften Gänsen könne man hervorragend schmeckende Pasteten erhalten, allerdings ist ihre
Textur weniger samtig. Ein gutes Ergebnis kann man jedoch erzielen, wenn man der Pastete etwas Speck
hinzufügt. Wer dennoch nicht auf Stopflebern verzichten möchte: Eine gute Qualität erkennt man an der
leicht goldenem
Farbe. Hat die Leber eine weissliche Färbung, ist dies ein Indiz dafür, dass sie zu fett ist. Die beste
Qualität kommt aus Frankreich, für eine dort erzeugte Rohleber muss man schätzungsweise zwischen 70
bis 90 EUR das Kilo zahlen.
_Buchtipps (redaktionelle Auswahl)_
* Friedrich W. Ehlert, Edouard Longü, Michäl Raffäl, Frank
Wesel, Hannelore Blohm Hrsg. Christian Teubner Das grosse Buch der Pasteten. Die Geheimnisse der
Pâtés, Bouchées, Terrinen und Pies Gräfe und Unzer, Teubner Edition, 1980
* Hrsg. Cora Wetzstein
Pasteten und Terrinen. Formvollendeter Genuss. 50 pikante und süsse Rezepte von klassisch bis modern
und leicht Gräfe und Unzer, 2005
* Stéphane Reynaud
Terrinen und Pasteten. Die 106 besten Rezepte Christian Verlag, 2007
* Herbert Rhein
Pasteten & Terrinen. Traditionelle und köstliche Rezeptideen mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen für leichtes
Gelingen
Südwest, 2007
* Bernhard Gahm
Würste, Sülzen, Pasteten selbstgemacht . So wird Hausgeschlachtetes richtig gut verarbeitet Eugen
Ulmer Verlag, 2006
* Jean-Marie Dumaine
Meine Wildpflanzenküche. 150 Rezepte für Feinschmecker AT Verlag, 2007
* Paul Bocuse
Das Standardkochbuch Heyne Verlag, 2004 Rezepte:
Wildschwein-Paté mit kandiertem Kürbis
Linsen-Paté mit Steinpilzen und Comté
O-Titel:
Unvergleichliche Genüsse: Von Pasteten, Terrinen und Co. (Info)