Deutschland ist ein Land der Familienbetriebe - Wappen, Traditionen
und Jahreszahlen allenthalben. Während in anderen Ländern dieser Erde wenige Grosskellereien
dominieren mögen: bei uns ist Weinbau
bäuerlich. Denkt man so. Stimmt sicher auch im grossen Ganzen, aber längst nicht immer.
Schöne Worte Ein gutklingender Name ist schon mal eine schöne Voraussetzung um gutklingende Münze
zu machen - das gilt auch im
Weingeschäft. Nicht umsonst z.B. heisst der Badischer Winzerkeller genau so und nicht mehr
Zentralkellerei der badischen Winzergenossenschaften. Das ist völlig in Ordnung und dank des Zusatzes
"e.G." - eingetragene Genossenschaft ja auch keine
Vortäuschung falscher Tatsachen. Aber auch alter Adel und Wappenzier sind keine Gewähr, dass sich
dahinter nicht schlicht und einfach die Produkte einer Grosskellerei verbergen. Etwa das Weingut Graf Eltz
in Eltville, das Ende der 80er aufgelöst wurde und dessen Namen die WIV (ehemals Pieroth) aufgekauft
hat, um als Weinhaus Graf Eltz Weine zu vermarkten.
Alte Namen Sie sind durchaus nicht immer Gewähr, dass die Betriebe auch dem Winzer gehören. Ein alter
Bankier an der Mosel hat sicher nicht unrecht, wenn er mit Blick über die Weinberge sagt, das sei alles
seins. Immer wenn die Weinpreise mal wieder am Boden liegen, werden Kredite überprüft und neue
Sicherheiten verlangt. Manchmal, wie im Fall von Schloss Vollrads, einem Renommierbetrieb im Rheingau,
gilt das sogar buchstäblich. Die Nassauische Sparkasse betreibt das Weingut selbst, nachdem der
Vorbesitzer überschuldet war und kein anderer Käufer Interesse hatte. Das Niersteiner Weingut Sankt
Antony gehört der MAN AG, Nobelwinzer Robert Weil in Kiedrich überwiegend dem japanischen
Mischkonzern Suntory, Schloss Reinhartshausen einer Investorengruppe, Schloss Johannisberg über
Henkell und Söhnlein letztlich zur Ötker-Gruppe.
Neue Formen Ein Weingut, das drei Familien in drei Weinanbaugebieten gehört. Das gibt es - und das
Weingut Johanninger ist nur ein
Beispiel für neue Formen von Besitzverhältnissen. Vorteil:
gemeinsam einkaufen und verkaufen ist günstiger, das Know How der einzelnen Winzer lässt sich besser
nutzen. Zunehmend übernehmen Winzer auch komplette Güter in der Nachbarschaft und führen sie unter
dem alten Namen weiter. Damit lassen sich verschiedene Märkte mit unterschiedlichen Linien beschicken.
(Heger in Ihringen, der das Weingut Fischer übernommen hat, ist ein Beispiel) Manchmal tun sich dazu
auch mehrere Partner, Winzer und Nichtwinzer, zusammen (wie im Fall des ehemaligen Binger
Renommierbetriebs Villa Sachsen, den jetzt Prinz zu Salm Salm mit Partnern führt). Das ist international
durchaus üblich. So werden neue Regionen für den Weltmarkt erschlossen. Einer oder mehrere
renommierte Winzer aus bekannten Regionen bauen gemeinsam mit Investoren Weingüter in Newcomer-
Gebieten auf.
Nichts schlechtes Wenn ein Weingut gar nicht einer alten Winzerfamilie gehört, sondern einem mehr oder
minder anonymen Geldgeber, dann ist das zunächst überhaupt kein Anzeichen für schlechte Weine. Im
Gegenteil: mehr und mehr zeigt sich, dass Qualitätsproduktion oft
erst einmal Geld kostet. Da müssen neue, bessere Weinberge gekauft werden, teure Technik und mehr
Personal. Da geht einer Familie schon mal die Luft aus. Sie braucht mehr als die Bank ihr geben würde
und verbündet sich deshalb mit einem risikobereiten Geldgeber. Je nach Vertrag und Einstiegssumme
"gehört" dem dann am Ende rein juristisch der Betrieb. Wenn die ehemaligen Inhaber ihre Position
vertraglich gesichert haben, dann können sie trotzdem das Ruder in der Hand behalten und die Richtung
weiter bestimmen.
Internationaler Trend Immer mehr Wein im Angebot und immer weniger Verbraucher, die ihn trinken -
weltweit verschärft das die Marktlage
erheblich. Wer mithalten will, muss entweder Super-Premium-Weine
anbieten - bei denen spielt Geld keine Rolle - oder aber immer
bessere Weine zu immer niedrigeren Preisen. Mehr Fläche pro Betrieb, High-Tech-Ausrüstung im Keller
und Marketing-Wissen im Vertrieb. Das
ist für einen kleinen Familienbetrieb schwierig unter einen Hut zu bringen und zu bezahlen. Der Trend geht
also deutlich zu immer mehr Betrieben, in denen kapitalstarke Partner das sagen haben und bei denen nur
noch die Fassade so ist wie früher...