_Das Rezept zum Thymian kommt gleich mit in die Tüte_ Im Früchtehaus Horn ist immer Erntedankfest -
Nicht nur die Pink Lady
lockt vitaminreich Frische Bauern-Walnüsse im Weidenkorb, noch feucht vom Schälen,
glänzen neben ihren trockenen frnzösischen Verwandten. Das rissige Rot des Boskop-Apfels wetteifert mit
den schimmernden Schattierungen
von Rot, Orange und Grün bei Berlepsch, Elstar, Cox und Pink Lady.
Herbst ist's, und Kölner brauchen doch nicht aufs Land zu fahren, um diese Zeit der Reife fruchtig zu
geniessen. In einem Eckhaus an der Weyerstrasse 98 ist jeden Tag Erntedankfest; nicht nur im Herbst.
"Jede Jahreszeit hat ihre Verlockung, und es macht Spass, die ganze Herrlichkeit auszubreiten", sagt Paul
Horn, der Herr der Früchtchen.
Der 62-Jährige ist auf Anraten eines Freundes vor 17 Jahren in eine
Marktlücke gestossen, als er seine Boutique für Damenbekleidung aufgab, um künftig an gleicher Stelle
mit weitaus verderblicherer Ware zu handeln. Statt Messebesuchen stehen seitdem tägliche Fahrten zum
Grossmarkt auf seinem Arbeitsplan.
Früh um vier ist das Gemüse im wahrsten Sinne des Wortes taufrisch.
Dann tut Paul Horn das, was er seinen Kunden im Umgang mit den Früchten nicht erlaubt: Er prüft hier,
drückt da, schnuppert und
beisst zuweilen hinein: "Wenn ich die Ware probiert habe und sie in
Ordnung finde, können sich auch die Kunden darauf verlassen".
Seine Kunden verlassen sich ganz auf des Fachmanns Urteil und Empfehlung. Die Dame, die Äpfel kaufen
will, braucht ihm nicht mehr zu sagen, ob es süsse oder säuerliche sein sollen - das weiss er,
und auch, ob er speziell dieser Kundin empfehlen kann, von den frischen Steinpilzen oder dem Spargel zu
kaufen. Der ältere Herr, der zwei Bananen ordert: "Äwwer janz jäle, die mer mieh lutsche wie
esse kann", hätte das nicht ausdrücklich sagen müssen - Horn kennt
die meisten seiner Kunden.
Im Fruchthaus finden die Kunden gleichermassen die jahreszeitlichen Obst- und Gemüsesorten aus
heimischem Anbau und exotischere
Früchte, mit deren Behandlung sich mancher erst vertraut machen muss. "Viele junge Leute wissen
überhaupt wenig übers Kochen. Da hab' ich schon manches Rezept weitergegeben", erinnert sich Paul
Horn ~ und holt für die nächste Kundin frischen Thymian aus dem Kühlhaus.
Um die Qualität und die Vielfalt mit bis zu 200 Obst-, Gemüse- und
Kräuterspezialitäten zu halten, kauft Horn in relativ überschaubaren Mengen ein und kann preislich nicht
mit den Sonderangeboten der umliegenden Supermärkte mithalten. "Es ärgert mich schon, wenn manche
Leute dann Abgepacktes im Supermarkt kaufen und nur wegen der Sachen, die sie dort nicht einzeln
kriegen, zu mir kommen. Als Lückenbüsser, der die fehlenden zwei Zwiebeln beisteuern soll, bin ich mir zu
schade." Was freilich nicht heisst, dass Horn keine kleinen Mengen verkauft.
Die Studentin, die sich mit sichtbarer Vorfreude einen weissfleischigen Pfirsich und eine goldüberhauchte
Birne eintüten lässt, wird mit der kleinen Menge ebenso freundlich bedient wie die alte Dame, die sich mit
Freude täglich winzige Gemüsegerichte kocht.
Wenn allerdings Kunden kommen, die für ein Fest so richtig schwelgerisch aus der Fülle des
Dargebotenen auswählen, gerät auch Paul Horn noch immer ins Schwärmen. Da wird aus der Vernunft, die
zu vitaminreicher Kost drängt, die ungenierte Lust am Riechen, Kosten, Schmecken - und die steckt an.
[Foto] Süsse Früchte und knackige Gemüse müssen sich den strengen Qualitätsmassstäben von
Früchtehaus-Inhaber Paul Horn stellen,
bevor sie über die Verkaufstheke wandern.
Früchtehaus Paul Horn Weyerstrasse 98 Altstadt-Süd
(Mauritiusviertel) 50676 Köln Tel. 0221 / 21 32 31 U: Barbarossaplatz
Öffnungszeiten: Mo-Fr 7 bis 18.30 Uhr, samstags bis 14 Uhr.