Obwohl es neue, interessante Genuntersuchungen gibt, die darauf hindeuten, dass sie mit der alten
italienischen Sorte Freisa eng verwandt ist und damit auch mit dem roten, ebenfalls italienischen Nebbiolo,
aus dem der berühmte Barolo gewonnen wird. Die Weinwelt ist eben immer noch voller Überraschungen!
Jedenfalls war der Viognier fast ausgerottet. Er bringt nur minimale Erträge und ist anfällig gegen den
Mehltau. 1965 gab es gerade noch 8 Hektar im Gebiet von Condrieu. Unter diesem Gebiets-Namen sind
die Weine der
Sorte allerdings auch Legende geworden. Wie auch unter der Herkunftsbezeichnung Chateau-Grillet. Das
aber wissen wohl nur
Spezialisten, und auch nur die werden bereit sein, die hohen Preise für diese Weinlegenden zu zahlen.
In den 80er hat sich allerdings herumgesprochen, welches Potential an Geschmack in der Sorte steckt,
und es gab weltweit wachsendes Interesse an ihr. Vor allem im französischen Süden, dem Midi, wurde sie
angepflanzt und jetzt fast überall auch in der neuen Welt.
Selbst in Deutschland sind die ersten Weinberge angelegt und auch der erste Wein produziert (allerdings
ist das ein Versuchsanbau; die Sorte ist offiziell nicht zugelassen). Einige tausend Hektar sind es weltweit
bestimmt - Tendenz steigend.
Die Ansprüche, die die Reben stellen, sind nicht ganz einfach zu fassen: offensichtlich brauchen sie eine
lange Reifezeit. Oft wird
das mit hohen Temperaturen verwechselt. Die Böden dürfen wohl nicht fett sein, sondern müssen sie
darben lassen, ohne aber zu trocken zu sein.
Die Weine des Viogniers zeichnet sich vor allem durch seine enorme Aromenfülle aus. Sie sind tiefgelb,
haben viel Alkohol und einen cremigen Schmelz. Dazu einen charakteristischen Duft und komplexen
Geschmack nach Aprikosen, Pfirsichen und Blueten. Wenn es gut geht, sind es sehr sinnliche Weine. Der
Viognier ist aber nicht nur im Ertrag eine heikle Sorte: seine ohnehin geringe Säure verfällt
früh und seine Aromen reifen spät. Da den richtigen Lesezeitpunkt zu finden, ist nicht einfach. Der Ertrag
muss immer niedrig gehalten werden, weil sonst die Aromen völlig verflachen. Einfache Viogniers bieten im
besten Fall ein nettes Aprikosen-Aroma. Auf
unterschiedlichen Standorten kann die Sorte auch sehr unterschiedliche Weine hervorbringen, ohne sich
selbst und ihren aromatischen Charakter völlig zu verleugnen. Das ist eine gute Voraussetzung für die
weltweite Akzeptanz.
Viognierweine wollen jung getrunken werden. Die meisten in den beiden ersten Jahren nach der Lese. Dann
sind ihre Frucht-Aromen voll
präsent. Selbst Spitzenweine von der nördlichen Rhone können kaum altern. Schon nach kurzer Zeit
verändert sich der Wein in der Flasche. Deshalb können auch zwei Flaschen der gleichen Abfüllung
deutlich unterschiedlich schmecken. Das macht es auch für den Verbraucher nicht eben leichter, die Sorte
zu verstehen.
Viogierweine sind ein Genuss an und für sich. Mit ihrer üppigen Art sind sie auch als Aperitiv geeignet.
Beim Essen können sie Meeresfrüchte begleiten, vor allem, wenn die mit Sahnesaucen angerichtet
werden, und sie passen besonders gut zu Gerichten, in denen Aprikosen verarbeitet sind (skandinavische
Schweinefleischrezepte oder nordafrikanische Lammgerichte).
Viognier und andere... Ein Schuss (weissen) Viognier im (tiefdunklen) Syrah ist ein modischer Knaller, der
gerne in Australien und USA angeboten wird. Aber auch diese Mischung hatte an der Rhone schon
Tradition. Im allgemeinen wird angenommen, dass das der Syrah zu mehr Weichheit und Bukett
verschaffen sollte. Doch Wissenschaftler sagen heute: vor allem stabilisieren die phenolischen Substanzen
aus dem
weissen die Farbstoffe des roten Weins. Er wird also nicht blasser durch den Verschnitt, sondern
intensiver.
Da gerade Verschnittweine aus zwei Rebsorten wieder in Mode kommen, könnte die Viognier auch als
Juniorpartner in Cuvées mit weniger ausdrucksstarken Sorten weissen Sorten durchaus eine interessante
Zukunft haben.