Für jeden Deutschen gibt#s im Jahr 3 Liter Rheinhessenwein. Das Gebiet ist gar nicht so gross, aber
mehr als 20% sind Weinbergsfläche. Im Süd-Osten, im sogenannten Wonnegau, reihen sich
die Rebstöcke sogar hügelauf-hügelab über viele Kilometer
aneinander. Im gesamten Gebiet sind es 120 Millionen Reben.
_Rebsorten_ Mengenmässig an der Spitze steht die Müller-Thurgau-Rebe mit rund
einem Fünftel der Anbaufläche. An zweiter Stelle folgt der rote Dornfelder (12,5%) und erst an dritter Stelle
der Silvaner, der lange Zeit die bedeutendste Sorte war, dann zugunsten anderer vernachlässigt wurde und
jetzt eine Renaissance erlebt. Rheinhessen verfügt über die grösste Silvaner-Anbaufläche der Welt. Auf
Platz
vier liegt der Riesling, gefolgt vom roten Portugieser, dem Kerner und von der Scheurebe (Kreuzung aus
Silvaner und Riesling). Zusammen mit weiteren "Neuzüchtungen" wie Morio-Muskat, Bacchus, Faber- und
Huxelrebe machen sie einen grossen Teil der Weinproduktion in Rheinhessen aus. Das einstige
Weissweinland Rheinhessen hat in den letzten 20 Jahren ein Drittel seiner Weinberge mit Rotweinsorten
bestockt. Ein Anteil, der jetzt aber wohl die Spitze des Möglichen darstellt.
_Weine_ Rheinhessen ist eine Region, die schon immer auf den Absatz ausserhalb ihrer eigenen Grenzen
angewiesen war. Traditionell ging ein guter Teil der Produktion zu den Kellereien an der Mosel, die ihre
Produkte mit dem Rheinhessenwein "streckten" als das noch erlaubt war (da gab es den schönen Satz
"die Zeller Schwarze Katz# hat einen Schwanz bis nach Rheinhessen"). Noch heute verlieren sich ein
Drittel der Produktion in den "Liebfraumilch-Weinen" für den Export. Ausserdem
entstehen hier liebliche Spätlese-Weine für den Lebensmittelhandel
(aus den Neuzüchtungen, die leicht den natürlichen Zuckergehalt für diese Qualitätsstufe erreichen). Aber
das Gebiet ist gross und gerade in jüngerer Zeit gibt es parallel zu diesen Massenweinen erstaunliche
Qualitäten. Viele Winzer aber auch Genossenschaften und Kellereien bemühen sich um ein besseres
Image. Und das nicht ohne Erfolg: das höchstdekorierteste deutsche Weingut, Keller in
Flörsheim-Dalsheim, arbeitet hier und findet viele Nachahmer und
Konkurrenten. Deutsche Rieslingpreise sind nach Rheinhessen gegangen.
Dabei kann die Region - wegen des insgesamt niedrigen Preisniveaus -
durchaus als Schnäppchen-Lieferant gelten. Und das auch für
ambitionierte Weintrinker.
_Spezialitäten_ Der Silvaner ist sicherlich eine rheinhessische Spezialität. Um ihn hervorzuheben haben
die Weinwerber der Region schon vor Jahren den "Rheinhessen-Silvaner" mit einer einheitlichen
Ausstattungslinie
geschaffen, der einer strengen Prüfung unterliegt. Auch im Spitzensegment war das Gebiet 1992 weit vorne
dran mit der "Rheinhessen-Selektion" einem kleinen aber feinen Programm von
trocknen Top-Weinen aus traditionellen Rebsorten. Ausserdem bieten
die zahlreichen Neuzüchtungen - richtig behandelt und betreut- das
Potential für hervorragende edelsüsse Beeren- und
Trockenbeerenauslesen.
_Winzer_ Davon gibt es mehr als 4000 in Rheinhessen. Viele haben Gemischtbetriebe, also betreiben
nebenbei auch Landwirtschaft. Sie erzeugen in vielen Fällen nur sogenannte Fassweine, die sie im
Tankwagen an Kellereien verkaufen. Das ist wegen der internationalen Konkurrenz und dem grossen
Angebot ein schwieriges Geschäft. Dennoch haben die Rheinhessen derzeit Oberwasser. Nach zwei
knappen Ernten und wachsendem Interesse an deutschem Wein im In- und Ausland, haben
die Preise angezogen. 75 Ct je Liter, das ist so viel wie schon lange nicht mehr. Und für Rieslingweine
erhalten die Winzer mehr als 1 Euro pro Liter im Fass.