Wein ist ein regionales Produkt, nicht nur die Rebe ist tief verwurzelt: auch die Winzer sind es - denken
wir Verbraucher gerne.
Das stimmt auch, aber das hindert mehr und mehr Winzer nicht, sich auch in der Welt umzutun. In ihrer
Ausbildung legen junge Weinbautechniker und -ingenieure Stationen im Ausland ein, aber auch
gestandene Weinbauern tun sich in aller Welt um. Ein paar Beispiele:
_Von der Ahr nach Südafrika_ Werner Meyer-Näkel, Spitzenwinzer von der Ahr, macht in Südafrika
gemeinsam mit dem dortigen Lokalmatadoren Neil Ellis auf 12 Ha einen Wein namens "Zwalu" (ein Cuv#
aus Cabernet Sauvignon, Cabernet franc und Merlot - also einen Wein im Bordeaux-Stil - es gibt auch
einen
Zweitwein namens "Z"). Bislang war das nur eine Zusammenarbeit, jetzt steht dahinter auch ein echtes
gemeinschaftliches Weingut. In Südafrika sind auch andere deutsche Winzer zugange. Viele sind
allerdings gleich ganz ausgewandert. Meyer-Näkel war das aber noch
nicht genug: gemeinsam mit Bernhard Breuer (Rheingau) und Bernd
Philippi (Pfalz) hat er in Portugal, am Douro, 8,5 Ha Weinberge gekauft, der Keller steht jetzt auch und der
"Campo Ardosa" ist auf dem Markt (kostet 22 Euro).
_Von der Mosel nach Amerika_ In den USA hat der Top-Moselwinzer Ernst Loosen ein Projekt gemeinsam
mit dem grössten Riesling-Anbauer der Welt, dem Unternehmen Chateau
St. Michäl (auf 600 Ha stehen dort Riesling-Reben). In
Washington-State im Nordwesten der Staaten wächst bereits der vierte
Jahrgang des "Eroica". "Der hat einen Stil, der am nächsten noch mit Pfälzer Rieslingen verwandt ist", sagt
uns der Winzer. Davon gibt es 120.000 Flaschen, die aber praktisch nur in den USA auf dem Markt sind.
Es geht Ernst Loosen darum, den Riesling weltweit voranzubringen. Und die Amerikaner liessen sich
leichter überzeugen, wenn sie mit amerikanischem Riesling an das Thema herangeführt würden, meint er.
Der zweite Wein der Kooperation ist ein edelsüsser Tropfen - eine Trockenbeerenauslese - in kleiner
Auflage.
Beide stehen in ihrer Kategorie jeweils bei Weinbewertung in den USA an der Spitze.
_Vom "Badischen Ländle" nach Neuseeland_ Den badischen Burgunder-Spezialisten Karl Heinz Johner
hat es nach
Neuseeland gezogen. Nach einem missglückten Versuch steht jetzt ein Gemeinschafts-Projekt, das
derzeit zwar vor allem Weissweine der Sorte
Sauvignon blanc bringt, aber der Spätburgunder (Pinot noir) ist schon gesetzt und soll ersten Ertrag
bringen.
Die Gründe für solche Projekt sind durchaus unterschiedlich: mancher
Winzer möchte sehen, was in "seiner" Rebsorte noch alles drinsteckt, möchte sie auf anderen Böden, in
einem anderen Klima ausprobieren.
Andere wiederum wollen vor allem mal was ganz anderes machen als zuhause. Aber neben Pioniergeist,
Wissensdrang und Abenteuerlust spielen natürlich immer auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Ein
Weingut, das (wie Meyer-Näkel) eher im deutschen Markt stark ist,
kann unter seinem Namen eben auch in Deutschland noch andere Produkte verkaufen. Wer (wie etwa
Loosen) in USA nur einem kleinen Käuferkreis bekannt ist und von dem auch noch mit Riesling
gleichgesetzt wird, der kann das nicht. Er kann aber sein Pfund als Riesling-Macher in die Waagschale
werfen und eben für Riesling-Weine
sich stark machen.
_Investitionen ins Ausland?_ Dass Winzer ausserhalb ihrer Heimatländer investieren und arbeiten, ist in
der Weinwelt durchaus normal. Vor allem grosse Unternehmen tun das ohnehin, aber auch renommierte
Spezialisten sind gesuchte Partner. So haben die Bordeaux-Familie de Rothschild und der
US-Wein-Tycoon Mondavi 1979 gemeinsam den "Opus One" entwickelt - und
damit Kalifornien ins Bewusstsein der traditionellen Weintrinker gehoben. Ähnliches lief in Chile mit dem
"Los Vascos" ab. Auch der Spanier Torres hat Kooperationen in Chile. Auch Sizilien, Griechenland, Ungarn
und viele andere sind durch solche Projekte vorangekommen. Es ist eher ein schlechtes Zeichen, wenn
niemand versucht, in einem Weinbauland zu investieren. Vielleicht wächst ja auch das Interesse der
internationalen Weinwelt an Deutschland noch....