Das "Andalusische Gold" ist ein harmonischer Zweiklang aus gebranntem Wein und Holz. Und jeder
Brandy de Jerez hat seine eigene Persönlichkeit.
Als sich die Mauren vor mehr als tausend Jahren in Südspanien niederliessen, brachten sie neben Zitronen
und Feigen die Kunst des Destillierens mit. Damitwurde ein Verfahren in Europa eingeführt, das sich über
die kommenden Jahrhunderte zu einem bedeutenden Gewerbe weiterentwickelte.
Wie der Handel mit Brandy de Jerez begann, ist ungewiss. Die Legende berichtet, dass ein holländischer
Abnehmer von spanischen Weindestillaten nicht zahlen konnte und den Auftrag stornierte. Wohin nun mit
dem Destillat! Es wurde in alte leere Fässer, in denen zuvor Sherry gelagert wurde, gefüllt und vergessen.
Einige Jahre später erinnerte man sich an den Restposten, probierte und war begeistert.
Der Alkohol war gereift und hatte das Aroma des Sherry angenommen.
Seitdem werden viele Brandy-de-Jerez-Marken in der gleichen Gegend
und mit derselben Sorgfalt erzeugt wie der berühmte Sherry: in der
Weinregion um die andalusische Stadt Jerez de la Frontera, ganz im südlichsten Zipfel von Spanien.
Heute erzeugen hier gut drei Dutzend Bodegas, alle zugleich bekannte Sherry-Produzenten, etwa 100
Millionen Flaschen Brandy pro Jahr, von
denen rund ein Fünftel in den Export geht. Basis für den Brandy de Jerez ist ein gehaltvoller und trockener
Qualitätswein aus anderen spanischen Anbaugebieten, der - und das ist das Besondere - in einem
sorgfältigen Prozess niedriggrädig bis zu maximal 65 Volumenprozent destilliert wird. Die traditionsreiche
Brennmethode (heute noch mit Holzfeuer) sorgt dafür, dass nur die gewünschten wertvollen
Geschmacksstoffe im Destillat verbleiben. Diese "Holandas" sind reich an Aromastoffen und somit die
eigentliche Grundlage für den späteren Brandy. Und es kommt vor allem auf die erfahrene "Jerez-Nase" der
Kellermeister an, die Holandas harmonisch
abzustimmen und später mit den zusätzlich gebrannten, höhergrädigen "Destilados" im richtigen Verhältnis
zu mischen.
Die Reifung erfolgt in 500-Liter-Eichenfässern, in denen zuvor Sherry
lagerte. Je nach Sherrysorte wird der Brandy von dem "aromatischen Holz" ganz individuell geprägt. Das
Einzigartige aber ist das Reifesystem: Genauso wie sein Vorgänger im Fass, wird auch der
Brandy im "Solera"-System ausgebaut. Dieses langwierige Verfahren
besteht darin, die verschiedenen Destillate systematisch miteinander zu vermischen, um ein möglichst
einheitliches Endprodukt zu erzielen. "Solera" heisst nicht nur das System, "Solera" heisst auch die
unterste Fassreihe. In dieser Reihe lagert der älteste Brandy, nur dieser Reihe darf der Brandy de Jerez zur
Abfüllung entnommen werden. Die darüberliegende Fassreihe enthält etwas jüngeren Brandy, die
darüberliegende wieder etwas jüngeren und so weiter. So durchläuft ein Brandy 14 bis 30 Stufen. Wenn aus
der Solera Brandy abgezogen wird, füllt man aus der nächsten Fassreihe exakt dieselbe Menge nach.
Diese wird wieder aus der zweiten Reihe nachgefüllt, die Fehlmenge der zweiten wird aus der dritten
ersetzt. Entsprechend wird die oberste Reihe mit dem jüngsten Brandy aufgefüllt.
Man ahnt: Die traditionsreichen Brandy-Bodegas bieten dem Aficionado
eine vielseitige Palette unterschiedlicher Nuancen und Qualitäten.
Obwohl jeder Brandy de Jerez vorschriftsgemäss durch die Solera läuft, kultiviert jeder Kellermeister seine
Eigenheiten und Geheimnisse bei der Herstellung.