Was ist eigentlich Käse? Ein himmlischer Genuss, schwärmen die Gourmets und lecken sich die Lippen.
Ein Nachtisch ohne Käse, so verstieg sich schon der französische Philosoph und Feinschmecker Jean
Anthelme Brillat-Savarin vor 150 Jahren, gleicht einer schönen Frau, der ein
Auge fehlt. Wie trocken klingt dagegen die Definition im Bürokratendeutsch:"Käse sind frische oder in
verschiedenen Graden
der Reife befindliche Erzeugnisse, die aus dickgelegter Käsereimilch hergestellt sind." Dickgelegt - was
bedeutet das?
Den Vorgang kennt jeder. Denn bei saurer, leicht erwärmter Milch passiert das gleiche: Milcheiweiss
(Casein) fällt aus, und Molke
scheidet sich ab. Der moderne Käser startet diesen Prozess mit Kulturen von Milchsäurebak- terien.
Wird die Milch immer mit dieser Methode gestockt? Nein, nur bei Sauermlichkäsen wie Quark, Harzer
Roller oder Mainzer Handkäse. Bei Süssmilchkäsen - und dazu gehören die meisten
gängigen Sorten - bringt Lab die Milch zum Gerinnen. Allerdings
werden Säuern und Laben häufig kombiniert.
Was versteht man unter Lab? Lab ist ein Verdauungsenzym aus dem Kälbermagen. Aber auch Labkraut
und andere Pflanzen enthalten diesen Stoff. Amtlich zugelassene Labaustauschstoffe lassen sich
inzwischen aus speziell gezüchteten Bakterien gewinnen.
Wie geht es weiter? Was sich nach der Labgerinnung von der Molke absetzt, heisst Käsebruch. Er wird
mit "Harfen" zerschnitten, dann erwärmt und gerührt. Je intensiver diese Bearbeitung, desto fester die
Käsemasse. Hartkäse enthält am meisten Trockenmasse (60 bis 68 Prozent) und am wenigsten Wasser.
In einer 50-Gramm-Portion "steckt"
fast ein Liter Milch. Weichkäse besteht aus nur 35 bis 52 Prozent Trockenmasse. Quark ist noch feuchter.
Die Magerstufe hat sogar nur 18 Prozent Trockenmasse. Schnittkäse und halbfester Schnittkäse liegen
zwischen Hart- und Weichkäse.
Wie aber kommt es zu den vielen Geschmacksvarianten? Die sortentypische Duftnote "erwächst" den
Käsen während ihrer Reifung. Dann nämlich regen sich in den Laiben die Mikroben und bauen vornehmlich
Fett und Eiweiss in Aromastoffe um. Für diese Veredelung lässt die Milchindustrie den Hartkäsen drei bis
zwölf Monate Zeit, den Schnittkäsen vier bis acht Wochen und den Weichkäsen einige Tage. Frischkäse
reifen gar nicht, Sauermilchkäse nur kurz. Für den Geschmack spielt ferner eine Rolle, ob die verwendete
Milch roh oder pasteurisiert ist, wieviel Fett sie enthält, wie sie dickgelegt wird, welche Bakterien sich
breitmachen, ob Schimmelpilze beteiligt sind und mit welcher Pflege die Preziosen heranreifen.
Und was charakterisiert die einzelnen Sorten? Da mehr als 600 Käsevariationen auf dem
bundesdeutschen Markt sind, müssen wir uns auf wenige Standardbeispiele beschränken. Fangen wir bei
den Hartkäsen an. Zu den löchrigen unter ihnen zählen Emmentaler, Bergkäse, Greyerzer und Appenzeller.
Keine Hohlräume haben Chester (Cheddar) und Parmesan.
Wie kommen denn die Löcher in den Käse? Der gepresste und in Salzlake gebadete Emmentaler wird
zuerst vier Wochen bei 8oC vorgelagert. Während dieser Zeit wandeln Bakterien den Milchzucker in
Milchsäure um. Anschliessend gärt der ganze Laib vier bis fünf Wochen bei etwa 22 Grad. Jetzt kommen
Propionibakterien zum Zug. Sie verarbeiten die Milchsäure zu dem wichtigsten Aromastoff im Emmentaler -
der Propionsäure - und
produzieren gleichzeitig Kohlendioxid. Das Gas sammelt sich an einigen Stellen und drückt in den
elastischen Käseteig die Löcher.
Anschliessend reifen die Käse bei 8 Grad aus. Die vielen kleinen Blasen beim Tilsiter sind die Folge von
beabsichtigten Lufteinschlüssen beim Abfüllen und Pressen. Der Tilsiter gehört übrigens zu den
Schnittkäsen (49 bis 57 Prozent Trockenmasse), wie Edamer, Trappistenkäse, Wilstermarschkäse und
Gouda.
Und was ist dann halbfester Schnittkäse? Butterkäse, die vergleichbaren ausländischen Sorten Bel Päse
und Esrom, Weisslacker, Steinbuscher und die verschiedenen Blauschimmelkäse.
Wie lockt man den Pilz in den Käse? Die Spezialkulturen (Penicillium rogüforti) werden bereits in die
Käsereimilch gerührt. Der blaü Edelpilz wächst im Käseinneren jedoch nur, wenn er Sauerstoff schnappen
kann. Deshalb müssen die Laibe nach dem Salzen und einer kurzen Vorreife mit Hohlnadeln gleichmässig
durchstochen werden. Der weisse Schimmel des Camemberts überzieht die Oberfläche mit weichem
Flaum.