Gran Reserva und Co. - Qualität auf ausländisch (Info)
Für
1
Text
Zutaten
1 Info
Die Qualität eines Weins misst das deutsche Weinrecht schlicht am Zucker: je mehr die Traube davon
hat, desto hochwertiger ist der Wein
~ sagt das Gesetz. Seit vielen Jahren diskutieren Fachleute, dass das der Quell allen Übels sei:
Neuzüchtungen wurden gezüchtet, nur mit
dem Ziel, hohe Zuckergehalt zu bringen. Spätlesen sind pappsüsse, charakterlose Massenweine
geworden. Jeder der will, kann wissen:
Qualität ist mehr als Zucker. Deshalb gibt es ja jetzt auch noch neue Qualitätsbegriffe für (eher) trockne
Weine: Classic und
Selection.
_Andere Länder - andere Sitten_
Die grossen Weinregionen der Welt haben sehr unterschiedliche Systeme, um Qualität festzustellen und
auf dem Etikett auszuweisen.
Das Terroir - die Herkunft - ist nach französischem Recht der
Massstab für Weinqualität. Deshalb werden in den meisten Regionen schlicht die Weinberge in Klassen
eingeteilt. Leider nicht einheitlich. In Burgund dürfen die Weine der meisten Rebanlagen nur unter dem
Namen der Region laufen, besser eingestufte Rebanlagen tragen einen Ortsnamen, die nächst-höhere
Stufe heisst "Premier
Cru", die Top-Weine "Grand Cru" - jeweils mit einer Weinbergslage
verknüpft.
Problem: Wenn ein unfähiger Winzer in einer Top-Lage Wein macht,
dann wird das kein Top-Wein, auch wenn er den Titel trägt. Im
Bordeaux-Gebiet werden deshalb gleich ganze Weingüter klassifiziert.
Das reicht von "Premier Cru classé" über "Cinquieme Cru classé", "Cru Bourgois" bis zur einfachen
Angabe "Bordeaux".
Nochmal anders ist das in der Unterregion St. Emilion: Hier ist vor
allem die Angabe "Grand Cru" völlig unzuverlässig. Es fehlt das kleine Wörtchen "classé" am Ende. Ohne
das handelt es sich bei "Grand-Cru-Weinen St. Emilion" nur um ganz normale - oft schlechte -
Tropfen. Im Übrigen ist das System auch relativ starr: die
Einstufung ist teilweise über 100 Jahre alt und wird nur sporadisch überprüft. Längst spiegelt sie nicht mehr
die "wahren" Verhältnisse. Gelegentlich findet sich auch der Begriff "Superieur" auf französischen Etiketten.
Er hat aber praktisch keinerlei Bedeutung.
_Spanien_ Langes Lager spielt die Hauptrolle bei der Qualitätseinstufung in Spanien. Dort heissen die
offiziellen Qualitäts-Stufen "Crianza",
"Reserva" und "Gran Reserva". Rote "Reservas" z.B. müssen drei Jahre gelegen haben, darunter ein Jahr
im Eichenfass. "Gran Reservas" insgesamt fünf Jahre, darunter 2 im Barrique. Der Gedanke dahinter ist:
Nur mit guten Weinen treibt man so einen Aufwand. Leider aber
sind die Weine nicht immer gut. Und wenn mässige Tropfen lange im Fass liegen, dann wirken sie
ausgezehrt und hohl.
Italien_ In Italien stand auch mal die Lagerzeit als Massstab für die Einstufung zur "Riserva" im Gesetz.
Faktisch aber können Winzer heute fast frei entscheiden, welche Ihrer Weine sie so nennen wollen.
"Superiore" ist ein Begriff, der darauf hinweist, dass die Trauben mehr Zucker hatten, als das Gesetz
mindestens verlangt. Wie in Deutschland gilt: Zucker ist nicht alles - und ausserdem sind die
gesetzlichen Wert oft so niedrig, dass sie kaum ein Massstab für Qualität sein können.
_Übersee_ In Übersee gibt es einen sehr liberalen Umgang mit Qualitäts-Bezeichnungen. In Chile z.B.
können "Reserva", "Gran
Reserva", "Reserva Especial", "Reserva Privada", "Gran Vino", "Selección" und "Superior" vollkommen
beliebig verwendet werden und unterliegen keinerlei Vorschriften. In Australien oder Kalifornien werden
gerne auch Bezeichnungen wie "private bin" (Vom Fass des Besitzers), "founders reserve"(Rücklage des
Gründers) oder "single wineyard" (von nur einem Weinberg) gewählt. Auch hier ist der Winzer frei.
Es gilt das Prinzip: der Macher ist immer verantwortlich für seine
Weine. Die Verbraucher vertrauen ihm -oder kaufen nicht mehr bei ihm
ein. Das macht auch in Deutschland Schule, wo immer mehr Winzer interne Qualitäts-Signale verwenden.
Das reicht von üppigen
Wortschöpfungen, Unterschieden in der Länge oder Farbe der Flaschenkapsel bis zu diversen Sternchen-
Systemen.