Keine Angabe
Polpo oder Krake
Für
1
Rezept
Ciccio und Gätano, zwei italienische Gastarbeiter und Freunde, luden mich Anfang der siebziger Jahre
nach Palermo ein. Ihre Schwester kochte für uns, der Schwager betrieb ein Open-Air-Kino,
und so zogen sich die Mahlzeiten hin, bis es dunkel wurde. Und nach einem Spaziergang zum Eisstand
lachten wir über Totó oder sahen wieder "Wer erschoß Salvatore G.?" Morgens ging es auf den Markt.
Erst in zwei, drei Bars zum Caffè, dann die Einkäufe, und zum ersten Glas Wein gab es einen frisch
gekochten Polpo. Diese Kraken wurden auf dem Markt aus dampfenden Kesseln von fliegenden Händlern
verkauft. Grob in Stücke geschnitten, etwas Zitrone und Pfeffer darüber. Dieser Polpo duftete nach
Meerwasser, war butterzart, würzig, süß, wie Languste. Später fand ich in den Meeresfrüchtesalaten
mittelmäßiger Ristorantes immer wieder nur zähe, überalterte Kraken.
Erst als mir Freund Roland in der Enoteca-Osteria in Rödelheim den
ersten Teller servierte, fand ich den Geschmack von damals wieder.
Es war ein lauwarmer Salat aus Polpo und Kartoffeln, von Carmelo Greco bereitet. Kein Wunder, seine
Familie stammt aus Sizilien.
Einen frischen Kraken in kaltem Salzwasser mit einer halben Zitrone, Lorbeer, einem guten Schuß
Weißwein und 3 bis 4 Weißweinkorken zum Kochen aufsetzen. Die Korken im Wasser helfen, den Kraken
weichzukriegen. Die Kochzeit schwankt. 20 Minuten reichen in der Regel. Man muß zwischendurch
probieren. Der Polpo muß weich sein, soll aber noch Biß haben. Verpaßt man den richtigen Moment, wird
er wieder hart. Zerkocht wird er faserig. Zuerst muß man Verunreinigungen im Inneren und die rötlich
glibbrige Haut vom Körpersack entfernen. Den schnabelartigen Mund herausdrücken, Körper und Arme in
Stücke schneiden. Manche ziehen die Haut und die Saugnäpfe ab, für mich gehören sie dazu.
Kartoffelwürfel garkochen, Polpo und Kartoffeln noch warm vermischen. Tomatenwürfel, glatte Petersilie,
Basilikum unterziehen und mit Zitronensaft und Olio extra vergine begießen. Salzen, pfeffern, mit etwas
Olivenpaste und Pesto würzen. Ein süchtig machendes Vorgericht.
Die Olivenpaste können Sie leicht selbst herstellen: 100 g schwarze
Oliven entkernen und mit 3 Knoblauchzehen, 3 Sardellenfilets und 1 dl Olivenöl im Mixer pürieren.
Delikat ist auch der warme Polpo in Stücken, nur mit Zitrone, Olivenöl, Meersalz und reichlich
Paprikapulver angemacht, wie in spanischen Tapas-Bars.
Bei meinem griechischen Kollegen Sakis esse ich den Polpo immer so:
Die vorgekochten Arme werden auf dem Grill knusprig gebraten und in Olivenöl mit Knoblauch,
Frühlingszwiebeln, Oregano und Zitronensaft serviert. Sie können die abgekühlten Polpostücke auch durch
einen Ausbackteig ziehen und fritieren. Für den Teig 120 g Mehl mit einem Glas Weißwein, einem Löffel
Olivenöl, Salz und einem geschlagenen Eiweiß mischen. Dazu eine Knoblauch-Mayonnaise oder nur
Zitrone.
Tips aus der hohlen Hand Sollten Sie vom gekochten Polpo übrighaben, legen Sie ihn ein. Stangensellerie,
Karotten und Frühlingszwiebeln in feine Streifen schneiden und in kochendem Wasser kurz blanchieren.
In kaltem Wasser abschrecken, mit Tomatenwürfeln, feingehacktem Knoblauch, Thymian, Petersilie,
Olivenöl und Zitronensaft mischen.
Den Polpo darin durchziehen lassen. Gut in diesem Meeres-Salat sind
auch ein paar Garnelen und Vongole oder andere Muscheln.
Der Krake, Octopus vulgaris, italienisch Polpo, gehört zur Familie der Kopffüßler, der Cephalopoden. Der
achtarmige Tintenfisch lebt im Mittelmeer und allen wärmeren Gewässern. Sein würziges Fleisch wird in
den mediterranen Ländern und in Asien hochgeschätzt. Der verwandte Kalmar kommt bei uns in Ringen
tiefgefroren auf den Markt.
Wenn Sie in guten Fischmärkten oder Gastarbeiterläden nachfragen, finden Sie auch frische Ware. Die
Kraken sollen nicht zu groß sein.
Sie werden in ihren Felsverstecken mit Spießen gefangen. Danach werden sie kräftig auf die Steine
geschlagen, damit sie beim Kochen weich werden. Mit Glück finden Sie auch die kleinen Moschuskraken,
italienisch Moschardini, die ein besonderer Leckerbissen sind.
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