Kartoffeln: Im Küchenalltag immer häufiger abserviert (
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Zurückgehender Verbrauch trotz hohen Lobes: Die tolle Knolle ist in
der Krise.
Die Kartoffel ist tief in den kulinarischen Genen der Deutschen verankert. 1950 wurde sie auf 14,5 Prozent
der Ackerfläche angebaut, das waren 1,14 Millionen Fussballfelder voll, heute sind es nur noch rund 300
000. Der Frischverzehr lag 1950 bei 202 Kilogramm pro Kopf, heute bei nur noch 32,5. Und: Erstmals
wurden im vergangenen Jahr mit
34,3 Kilo mehr Fertigprodukte wie Pommes, Chips oder Klösse gegessen als Frischware.
Die Knolle hat Imageprobleme. In einschlägigen Umfragen wird sie zwar als gesund, vollwertig und natürlich
gelobt, doch gerade die Jüngeren sehen sie als Nahrungsmittel, das vor allem Arbeit macht.
Während die Konkurrenten Reis und Nudeln schick, sauber und steril in ihren Zellophan-Päckchen dösen,
macht die Kartoffel Dreck, sie
braucht Platz, sie keimt aus und sie bringt Ackerkrume mit ins Haus.
Doch in ihrer Vielfalt und ihrem geschmacklichen Reichtum ist sie unerreicht. Feinschmecker Wolfram
Siebeck, sonst eher mediterran orientiert, hält die Kartoffel für "eines der am meisten unterschätzten
Produkte in der Küche" und schwärmt immer wieder von ihren Möglichkeiten. Starkoch Eckard Witzigmann
zeigt sich ebenfalls als treuer Fan: "Ich liebe die Kartoffel."
Im Küchenalltag wird die Vielfalt der Sorten und Zubereitungen indes genauso wenig genutzt, wie auf dem
Acker wirklicher Qualitätsanbau betrieben wird. Die Kartoffel ist zum Massenprodukt verkommen. Im
Discount, der im vergangenen Jahr 41 Prozent des KartoffelMarktanteils hielt, wird sie zu ruinösen Preisen
angeboten.
Aber vielleicht wird den Deutschen ihre fast schon infantile Lust auf Nudeln irgendwann doch noch
langweilig. Dann könnten sie ja mal Kartoffelrosen braten oder Kartoffelkaviar mit Sauerrahm servieren, wie
sie Hans Haas im Münchner Spitzen-Restaurant "Tantris"
zubereitet, oder Steinbutt-Tranchen mit getrüffeltem Kartoffelpüree
anrichten.
Möglicherweise führt ja der Linda-Streit zum Comeback der Knollen.
Verdient hätten sie es. Denn die Ackerfrüchte, so glauben Historiker, haben Europa mindestens so
verändert wie die Dampfmaschine. (man) O-Titel: Kartoffeln: Im Küchenalltag immer häufiger abserviert
(Info) http://www.ksta.de/html/artikel/1118069749483.shtml