_"Koffedrenken met allem Dröm on Dran"_ Das bergische Land war in früheren Zeiten geprägt von karger
Schlichtheit: die Böden waren
mager, Köhlerei und Hammerwerke beherrschten die Wälder. Während der industriellen Revolution
entwickelte sich Industrie, vor allem Maschinenbau aber auch Textilindustrie: Litzen und Spitzen aus dem
Bergischen Land waren ein begehrter Exportartikel. Häufig wurde in Heimarbeit gewirkt - die Not und Armut
der Arbeiter war gross. Nicht
zufällig stammt Friedrich Engels aus Wuppertal, spielt dort auch der Weberaufstand. Vor diesem
Hintergrund wirkt die Bergische Kaffeetafel geradezu überwältigend üppig.
_Die "Dröppelmina" - ein Bauch voll Kaffee_ Als Königin der
Kaffeetafel steht die "Dröppelmina" im Mittelpunkt: Eine bauchige,
birnenförmige Kanne aus Zinn, die ihren Namen einem dienstbaren Geist zu verdanken hat ("Mina" =
Kurzform von Wilhelmine) und der Tatsache, dass es in der Zeit des Aufkommens um 1700 noch keine
Filtertüten gibt und so der Ausguss der Kanne vom Kaffeesatz verstopft wird und der Kaffee so nur noch in
die Tasse "dröppeln" kann.
Die Zinngiesserei war ein eigenständiges Handwerk, die Zinngeräte das "Tafelsilber" der bergischen
Hausfrau. 1981 schloss der letzte Zinngiesser in Wuppertal seine Werkstatt.
Kein Wunder, dass die Dröppelmina das Prunkstück der Tafel war:
Kaffee als Kolonialware kam aus den Niederlanden und war eine Kostbarkeit. Von der sparsamen
bergischen Hausfrau wurde er oft mit Zicchorienkaffee (Muckefuck) gestreckt. Ein zweites Produkt kam
ebenfalls aus Holland: der Milchreis, eine exotische Zutat. Die
Korinthen im Stuten (ein süsses Hefebrot) waren ebenfalls Kolonialwaren. Denn das bergische Land hatte
sehr viel Kontakte zum Niederrhein und wurde kulinarisch dadurch beeinflusst.
_Die "Gangfolge" - die drei Stufen der Kaffeeschwelgerei_
Grundsätzlich werden bei einer traditionellen bergischen Kaffeetafel drei Gänge aufgetischt: Der erste Gang
ist eine dick
mit Butter belegte und ebenso dick mit Honig oder Rübenkraut bestrichene Scheibe Korinthenstuten oder
Weissbrot, die zu guter letzt mit einer fingerdicken Scheibe steifem Reisbrei belegt und mit Zucker und
Zimt bestreut wird.
Der zweite Gang besteht aus frisch gebackenen noch heissen Waffeln.
Eine eher moderne Entwicklung ist die Kombination mit heissen Schattenmorellen - damals wurde eher
Apfelmus dazu serviert.
Im dritten Gang gibt es bergisches Schwarzbrot mit Butter und "Klatschkäs" (Quark), evtl. zusätzlich
Rübenkraut. Abgerundet wird diese deftige Mahlzeit in gemütlicher Runde von einem gezuckerten "Kloaren"
oder einem "Opgesadden" (Aufgesetztem). Das ist Schnaps mit Zucker und Beeren gereift und abgesiebt,
also eine Art Beerenlikör.
Je nach Wohlstand und Jahreszeit gibt es verschiedene Variationen der Tafel. Es wird berichtet, dass auch
Rodonkuchen (eine Art Sandkuchen), Zwieback, hausmacher Wurst und Schinken, Schnittkäse und
Konfitüre auf einigen Tafeln zu finden waren. Diese Zutaten werden allerdings gemeinhin als
"traditionswidrig" empfunden.
Hauptsächlich um die Faschingszeit gibt es auch "Ballebäuschen", walnussgrosse Hefeteig-Bällchen, und
"Muzen" pfirsichgrosse Ballen
aus Backpulverteig, die alle im heissen Fett ausgebacken werden.
_Literaturtipps_ Noch mehr Informationen und weiter Rezepte zu diesem Thema finden Sie in: "Die
Bergische Kaffeetafel" von Angelika
Hajesch/Carola Wolf erschienen im Gronenberg Verlag und in "Omas Bergische Backstube" von Uschi
Schumacher und Rainer Michel ebenfalls erschienen im Gronenberg Verlag.
Experte im Studio: Dagmar von Cramm, Ernährungswissenschaftlerin
aus Freiburg Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
SWR Zuschauerpost Telefon: 07221-929-4636 mail: tv@swr.de