Für viele Bäcker ist der 1. August wohl ein Feiertag, jedoch kein freier Tag.
Roland Taverna und sein Oberuzwiler Bäckerkollege Paul Schlauri kneten heute schon den Teig, aus dem
morgen die goldbraunen, herrlich duftenden 1.-August-Weggen gebacken werden.
Der verführerische Duft frühmorgens aus den Bäckereien hat in den letzten Tagen einen Zacken zugelegt:
1.-August-Weggen werden
gebacken. Das süsse Hefegebäck ist beinahe ein kulinarisches Nationalgut, allerdings ein zeitlich
begrenztes.
Wie frische 'Weggli' Die 1.-August-Weggen gehen weg wie frische 'Weggli'. Das haben die
Bäcker in der Region erkannt und beginnen meist schon Wochen vor dem Nationalfeiertag mit der
Weggen-Produktion. Seit zwei Wochen stellt
Roland Taverna, seit neun Jahren Bäcker in Niederuzwil, täglich rund hundert 1.- August-Weggen her. 'Die
Leute haben Ferien und somit
Zeit zum frühstücken', vermutet er. Für den Verkauf am 1. August wird Taverna etwa tausend Weggen
vorbereiten - der Feiertag ist für
ihn alles andere als ein freier Tag. Und er weiss: Was zu viel
gebacken wurde, kann am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden.
Aus Schweizer Produkten Bäcker Paul Schlauri aus Oberuzwil wird ebenfalls am 1. August seine
Ladentüren öffnen. Frühmorgens schon wird sich der feine Brötchenduft im Dorf verbreiten und Kundschaft
anlocken. 'Für den Weggenteig verwenden wir ausschliesslich inländische Butter und Schweizer Vollmilch',
meint er. Damit unterstützen die Bäcker den Absatz von hierzulande produzierten Nahrungsgrundmitteln.
Dies ist ganz im Sinne der Marketingidee, welche ursprünglich der Geburtsstunde des Schweizer 1.-
August-Weggens zu Grunde liegt.
Beliebt seit 42 Jahren In den Zwanziger- und Dreissigerjahren bekundete man Probleme mit dem
Absatz von Schweizer Produkten. Um dem entgegenzuwirken, machten die Bäcker mit verstärkter
Werbung und speziellen Produkten vermehrt auf sich aufmerksam. Wie der Drei-Königs-Kuchen wurde der
1.-August-Weggen 1959 vom Schweizerischen Bäckermeister-Verband
lanciert. Heute ist bei vielen die Grundidee des traditionellen Brötchens vergessen gegangen. Doch nicht
bei allen. Coop beispielsweise lässt einen Teil aus dem Erlös des 1.-August-Weggen-Verkaufs den
Schweizer Bergbauern zugute kommen -
und unterstützt damit wieder die Herstellung von Schweizer Produkten.
Am Vorabend Teig herstellen Der Teig für den 1.-August-Weggen ist etwas weicher als gewöhnlicher
Zopfteig und enthält etwas mehr Butter. Paul Schlauri, seit 28 Jahren Bäcker in Oberuzwil, fügt alle Zutaten
schon am Vortag zu einem Teig zusammen und lässt ihn bei sechs Grad langsam aufgehen. Die
Teigmasse teilt er in kleine Portionen und formt daraus runde Brötchen. 'Zwölf Schnitte sind nötig für ein
Schweizerkreuz. Dies ist eine aufwendige Arbeit, man muss sorgfältig und präzise schneiden', erklärt der
Fachmann. Danach werden die Teigkugeln nochmals für zehn Stunden kühlgestellt. Am 1. August wird
Bäcker Schlauri früh in seine Backstube gehen, die Weggen in den Ofen schieben und sie goldbraun
backen, bevor der Nationalfeiertag auch für ihn und seine Familie zum freien Tag wird.