Für
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Rezept
Die Bürger von Valencia finden es gar nicht witzig, dass ihr Lieblingsgericht, die Paella, so berühmt
geworden ist. Überall nämlich, wo heute ein populärer Markt abgehalten wird, macht irgendein
geschäftstüchtiger Hobbykoch auf einem Gasbrenner Paella.
In engster Nachbarschaft mit einer Sushi-Bude oder einem McDonald's.
Das habe ihre geliebte Paella nicht verdient, finden die Valencianer.
Da ist was dran. Was aber die Beeinträchtigung der "Echtheit" angeht, welche ebenso beklagt wird wie die
weltweite Verbreitung der spanischen Reispfanne, so sollten sich die Traditionalisten anderen Problemen
zuwenden. Denn der Paella geht es in dieser Beziehung nicht schlechter als der Bouillabaisse und der
Bohnensuppe: Sie ist
ein Gericht, an dem jeder seine Kreativität erproben kann, ohne dass der Himmel der Kochkunst einstürzt.
In Valencia selbst kann man eine Paella essen mit Huhn und Kaninchen, mit Hummer und Chorizoschaum,
mit Muscheln und Langustinen - je nach
den Launen des Kochs. Hauptsache, der lokale Rundkornreis bildet die Basis (Senia, Bomba). Der Rest
unterscheidet sich wenig von einem italienischen Risotto, nur dass das spanische Reisgericht unbedingt in
einer flachen Pfanne gekocht wird.
Unerlässlich ist ebenfalls der Safran. Dieses edle Gewürz wird im Mörser zerrieben und mit der Brühe
vermischt, in welcher der Reis und die übrigen Zutaten gegart werden. Dabei handelt es sich im
vorliegenden, willkürlich gewählten Beispiel um Hühnerteile, Langustinen, Chorizo und Schnecken.
Die Brühe kann eine Gemüse- oder Hühnerbrühe sein. In Valencia wird
die Paella gern so gekocht, dass sich, während der Reis und die Zutaten ruhig in der Pfanne garen, auf
deren Boden ein socarrat bildet, eine angesetzte Reisschicht. Die gilt bei den Einheimischen als
Delikatesse. Ich versuche, ihr Entstehen zu vermeiden.
Es beginnt mit dem Huhn. Praktischerweise zerlegt man es in acht Teile. Besser ist es jedoch, man nimmt
- für drei bis vier Portionen
- von zwei Hühnern nur die Beine und die Flügel mit dem
Schulterfleisch. (Für die Brüste hat man ja immer Verwendung.) Diese Teile werden in Olivenöl angebraten,
bis sie Farbe annehmen.
Eine scharfe Chorizo (die grobe spanische Paprikawurst) in Scheiben schneiden und dazugeben. Ebenfalls
in die Pfanne kommen circa 40 abgetropfte Schnecken aus dem Glas. All das wird nicht zu zaghaft mit
grobem Meersalz gewürzt.
Dann mit 200 Gramm Reis überschütten und darüber die safranisierte Brühe gießen. Die Brühe soll den
Reis fast bedecken, man muss sehen können, wie sie leise blubbert. Auch sie wird gesalzen und je nach
Bedarf gepfeffert. (Insgesamt wird man rund 0,4 Liter Brühe benötigen.) Von nun an darf die Hitze nicht
mehr verstärkt werden, sonst brennt der Reis tatsächlich an.
Nun werden pro Person 2 bis 3 Langustinen auf den Reis gelegt. Man kann die Tierchen vorher aus dem
Panzer schälen, das erleichtert das Essen. Aber in ihrer Schale werden sie schön rot. Dass man sie
deshalb mit den Fingern essen muss, stört erfahrungsgemäß nur wenige.
Die Tierchen sollten nicht zu lange auf dem heißen Reis liegen, sonst werden sie trocken. Der Reis selber
muss ebenfalls genau beobachtet werden. Er darf nicht zu früh trocknen, sonst wird er nicht weich.
Andererseits darf die Paella auf keinen Fall matschig werden. Sie soll feucht sein.
Aus optischen Gründen zerschneide ich eine rote Paprikaschote in Stücke und brate sie in einer
Extrapfanne, wo ich sie mit Honig glaciere. Die Stücke kommen auch in die Paella. (Sie können durch ein
Tomaten-Concassé ersetzt werden.)Insgesamt halte ich mich mit
dem Rühren sehr zurück. Dass ich den Inhalt der Pfanne während des Köchelns immer wieder mal
abschmecke, versteht sich von selbst.