Tonnenweise fallen bei der Saft- und Weinherstellung Fruchtreste an.
Dieser Abfall, der so genannte Trester, ist nun im Visier der Wissenschaft. Denn selbst die trockenen
Schalenreste enthalten noch viele wertvolle Inhaltsstoffe. Ein neues Forschungsprojekt der Universität Jena
soll nun klären, welche bioaktiven Substanzen genau im Trester vorkommen und wie sie im menschlichen
Körper wirken.
_Was macht den Apfel so gesund?_ Äpfel sind gesund, das weiss schon jedes Kind. Ihr hoher Gehalt an
Kalium und Vitamin C macht sie zu einem wertvollen Nahrungsmittel, das gut lagerfähig ist und daher das
ganze Jahr über zur Verfügung steht. Ob selbst gepresst oder aus industrieller Herstellung -
Apfelsaft gehört zu den am meisten getrunkenen Obstsäften.
Ernährungswissenschaftler der Universität Jena klärten durch ausführliche Analysen, welche besonders
gesunden Pflanzenstoffe im Apfel enthalten sind und welche Wirkung sie im Einzelnen haben.
_Schutz vor Zellschäden_ Die gesuchten Substanzen im Apfel wurden mit Hilfe von aufwändigen Analysen
entdeckt. Für die Experten von besonderem Interesse waren Stoffe wie die so genannten Antioxidantien,
die die menschlichen Zellen vor aggressiven Sauerstoffmolekülen und somit vor Schäden schützen können.
Inwiefern werden die Antioxidantien bei der Verdauung abgebaut und umgewandelt? Kommen sie in den
menschlichen Zellen überhaupt noch an, um dort aktiv zu werden? Dazu haben Dutzende von Testpersonen
nach genauen Vorgaben über Wochen hinweg Apfelsaft getrunken. Ihr Blut und Urin wurden dabei
regelmässig untersucht.
Untersuchungsleiter Dr. Michäl Netzel, Institut für Ernährungswissenschaften, Uni Jena: "Dabei haben wir
bei jungen,
gesunden Probanden nach der Apfelsaftzufuhr eine signifikante Erhöhung oder Steigerung der
antioxidativen Plasmakapazität festgestellt." Nachdem die positive Wirkung erwiesen war, untersuchten die
Forscher, welche Substanzen im Einzelnen im Saft dafür verantwortlich waren. "Apfeltypische
Antioxidantien sind Polyphenole wie Chlorogensäure oder das Phloridzin", so Dr. Michäl Netzel. Es sind
also unter anderem diese Stoffe, die Äpfel und auch Apfelsaft so gesund machen.
_Aktuelle Tresterstudie_ Statt des Saftes steht mittlerweile der Trester im Mittelpunkt der Forschungen an
der Uni Jena. Ernährungswissenschaftler Dr. Michäl Netzel: "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass manche
Spaltprodukte der
von uns anvisierten Antioxidantien aus den Trestern eine noch höhere Wirkung haben als die
Ausgangsstoffe selbst." Diese Stoffe zu identifizieren und ihre Wirksamkeit im Körper zu bestimmen ist ein
Ziel des jetzt gestarteten Projektes.
_Neuer Geschäftszweig für Obstverarbeiter_ "Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, die
Obst und Gemüse verarbeiten, könnten unsere Ergebnisse interessant sein", erläutert Dr. Michäl Netzel
weiter. Tonnen von Trestern mitsamt den wertvollen bioaktiven Substanzen landen bislang ungenutzt im
Abfall.
Das könnte sich nach den Untersuchungen ändern. "Denn wenn Aussagen zum gesundheitlichen Nutzen
und der Dosierung von Inhaltsstoffen vorliegen, könnte der Trester weiterverarbeitet und die Extrakte zur
Herstellung von funktionellen Lebensmitteln verwendet werden" - so
die Zukunftsvision des Jenär Ernährungswissenschaftlers.
Besonders für Winzer könnte es interessant sein, Extrakte aus Trester zu gewinnen. Wenn sich auch der
Traubentrester als gesundheitlich wirksam herausstellt, dann wäre das für sie ein lukratives
Zusatzgeschäft. Traubentrester fällt in weit grösseren Mengen an als andere Obsttrester. Schliesslich
werden allein in Deutschland jährlich zigtausend Tonnen Weintrauben ausgepresst.
Bislang ist der einzige wirtschaftlich nennenswerte Nutzen der Traubenreste die Herstellung von
Tresterschnaps, vielen bekannter als Grappa.